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Freitag, 10. Januar 2025

Von Venezuela auf die Galapagos Inseln

By On Januar 10, 2025

 

Nach der sehr chaotischen Ausreise aus Venezuela hieß mein erster Zwischenstopp Medellín in Kolumbien. Der ganze Migrationsprozess ging hier kurz und reibungslos über die Bühne - was für eine schöne Abwechslung nach all diesen nervenaufreibenden Prozeduren in Venezuela! Ich kam in einem Hostel in Rionegro, in der Nähe des Flughafens unter, da es am nächsten Tag schon weiter nach Quito in Ecuador ging. Auch hier waren die Einreiseformalitäten schnell erledigt. Ausreiseticket wurde keines kontrolliert. Ich habe kurzzeitig geschwitzt während ich meinen Pass vorlegte, da ich bereits vor 8 Jahren hier im Land war. Ich habe damals meine Aufenthaltserlaubnis von drei Monaten um zwei Monate überzogen und war somit ganze fünf Monate in Ecuador. Bei der Ausreise war die Grenzbeamtin ganz und gar nicht begeistert und hat irgendetwas von Einreisesperre geschimpft. Ich war mir aber nicht ganz sicher, ob sie gesagt hatte, dass ich ein Jahr Einreisesperre habe oder für immer. Aber da ich nun problemlos meinen Stempel erhalten habe, schien wohl wieder alles gut zu sein. 


Für die nächsten zwei Nächte kam ich in Quito wieder in der Nähe des Flughafens unter, nämlich im Hostal Colibrí Aeropuerto. Es ist sehr ruhig gelegen und hat sogar einen Pool. Das einzig Störende waren die lauten Flugzeuge nachts. Meine Mission für den nächsten Tag hieß: SIM-Karte besorgen. Die Angestellten des Hostels meinten, dass etwa 30 Gehminuten von hier eine Tienda sei, die welche verkauft. Ich spazierte also dorthin. Leider habe ich schon fast vermutet, dass es nicht ganz so einfach wird. Man muss sich nämlich mit seinem Reisepass in einem offiziellen Shop registrieren, um eine SIM-Karte zu erhalten. Ich stieg also für 60 Cent in einen Bus nach Cumbayá, wo ein großes Shopping-Center ist. Es dauerte über eine Stunde bis ich dann endlich meine registrierte Claro-SIM-Karte in Händen hielt. 


Ein schönes Wiedersehen

Während ich mir in Cumbayá zu Mittag Ceviche gönnte, erhielt ich eine Nachricht von Gerald. Ich war vor acht Jahren bei ihm zum Couchsurfen. Als er erfahren hatte, dass ich wieder im Lande bin, wollte er mich sofort sehen. Wir trafen uns auf einen Kaffee und hatten Gesprächsstoff ohne Ende. Gerald eröffnete mir, dass ich damals ein ganzes Monat bei ihm gewohnt hatte. Das ist mir irgendwie ganz entfallen, ich dachte es waren vielleicht ein, zwei Wochen. Er hat mir in der Zeit übrigens auch einen Job als Nachhilfelehrerin in einem Deutsch-College besorgt. Ich traf mich dann regelmäßig mit dem 8-jährigen Sprachentalent Alan, um mit ihm Deutsch zu üben. Kurzerhand schlug Gerald vor, dass wir doch den mittlerweile 17-jährigen Alan besuchen könnten. Gesagt getan. Wir fuhren zu dem kleinen Elektronik-Laden seiner Eltern. Leider war Alan nicht da, aber sein Vater zeigte mir Bilder, wie er nun aussieht. Da merkt man wieder mal wie die Zeit vergeht. 

Galapagos: Ein Traum wird wahr

Heute Morgen war es dann endlich so weit: Galapagos Inseln ich komme! Für den Flug dorthin muss man eine spezielle TCT (Tarjeta de Control de Tránsito) ausfüllen, sie kostet 20 USD. Am besten macht man das schon im Vorhinein online, somit spart man sich die Zeit am Flughafen. Zudem muss man ein Rückreiseticket vorweisen und die Unterkunft auf den Inseln (was aber nicht so streng kontrolliert wird). Stichprobenmäßig wird noch das Gepäck kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine fremden Pflanzen, Samen, Tiere oder andere potenziell invasive Arten eingeführt werden. Angekommen auf der Insel San Cristóbal wurden dann gleich nochmals 200 USD verlangt als Eintrittsgebühr für den Galapagos-Nationalpark. Da kommt schon einiges zusammen. Von daher bin ich froh, dass ich knapp 6 Wochen auf den Inseln verbringen werde, damit sich das Ganze auch auszahlt. Bevor wir unser Aufgabegepäck entgegennehmen durften, wurde es noch von einem Spürhund eingehendst beschnüffelt. 

Mein neues Zuhause für die nächsten drei Wochen

Das "Hotel Katarma" liegt nur acht Gehminuten vom Flughafen entfernt. Hier werde ich die nächsten drei Wochen arbeiten und bekomme im Gegenzug dazu ein Zimmer und das Frühstück. Ich wurde von Nelly, einer etwa gleichaltrigen Spanierin, empfangen. Sie war die Freiwilligenarbeiterin vor mir und wird heute weiterziehen. Es findet also ein fliegender Wechsel statt. Nelly zeigte mir das Hotel und erklärte mir, was ich hier zu tun habe. Die Besitzer des Hotels leben tatsächlich im Ausland. Ich werde vorwiegend mit einem einheimischen Pärchen zusammenarbeiten: Luis und Blanca. Die beiden sprechen nur Spanisch, deshalb bin ich für das ganze Gästeservice zuständig. Morgens mit dem Frühstück helfen, Check-in, Check-out und dann etwa ab Mittag frei. 

Das Hotel an sich ist klein und hat Kapazität für 30 Gäste, im Moment sind jedoch nur sechs da. Super entspannt also. Es gibt einen Pool und das Gebäude ist mit etlichen Mosaiken dekoriert, der Besitzer ist nämlich Künstler. 

Überall auf der Isla de San Cristóbal findet man Seelöwen. Sie liegen sogar auf den Sitzbänken ;)

Hotel Katarma: Hier wohne und arbeite ich die nächsten drei Wochen :)

Seelöwen ohne Ende

Am Nachmittag machte ich mich dann natürlich sofort auf in Richtung Uferpromenade und Hafen, welche nur wenige Gehminuten entfernt liegen. Ich fühlte mich wie in einer Fantasiewelt: Überall Seelöwen! Die Strände und der Hafen sind voll von ihnen. Einige liegen sogar auf den Sitzbänken neben der Straße. Menschen liegen am Strand neben den Tieren, als wäre das das Allernormalste auf der Welt. Neben den Seelöwen entdeckte ich jede Menge Echsen, die sich in der Sonne wärmten und natürlich auch die berühmten Blaufußtölpel. 

Am Hafen

Ein Blaufußtölpel - unglaublich wie intensiv blau seine Füße sind


Chillen ist wohl ihre Lieblingsbeschäftigung ;)

Mein erster Tag auf den Galapagos Inseln war tatsächlich genau so, wie ich es mir immer erträumt hatte. Ich kann es kaum erwarten, die kommenden Wochen hier zu verbringen und die einzigartige Tierwelt zu erkunden.







Mittwoch, 8. Januar 2025

Route Venezuela

By On Januar 08, 2025

 

Reisezeitraum & Route: 

11.11.2024 - 07.01.2025

SPANIEN - Caracas - Puerto La Cruz - Lechería - Barcelona - Mochima Nationalpark - Santa Elena de Uarién - Paraitepuy - Roraima - Santa Elena de Uarién - Puerto Ordaz - Isla Margarita (Porlamar - Puerto Moreno - Playa el Agua) - El Vigía - Mérida - La Azulita - Mérida - Los Nevados - Mérida - Barquisimeto - Choroní - Colonia Tovar - Caracas - KOLUMBIEN




 => Hier findest du alle meine Fotoalben von Venezuela <=






Dienstag, 7. Januar 2025

Ein deutsches Dorf mitten im venezolanischen Regenwald: Colonia Tovar

By On Januar 07, 2025

 

Die Anreise

Ausnahmsweise ging die Reise von Choroní nach Colonia Tovar relativ reibungslos über die Bühne. Die Betonung liegt natürlich auf "relativ". Es hieß, dass um 9 Uhr ein Bus von Choroní nach Maracay - einer der zwei Orte wo ich umsteigen musste - starten würde. Als ich um 8:30 Uhr am kleinen Busbahnhof eintraf, war der Bus bereits gerappelt voll. Man beruhigte mich, dass bald ein weiterer Bus kommen würde. Laut Plan war dieser aber erst für den Nachmittag angesetzt, deshalb traute ich der Sache nicht ganz. Ich entschied mich letztendlich für ein Por Puesto (Sammeltaxi), das zwar das Doppelte kostet (7,50 USD), aber dafür starteten wir auch sogleich. Zwei Stunden später kam ich in Maracay an. Der nette junge Mann, welcher mit mir im Por Puesto war, ging noch sicher, dass ich dort im richtigen Bus landete. Auch dieser fuhr sogleich los (Kosten 70 Bolívares = 1,30 €) und eine Stunde später war ich in La Victoria, wo bereits der Bus nach Colonia Tovar bereit stand. Leider meinte der Fahrer, dass bereits alle Plätze besetzt seien. Kurz vor dem Start bot er mir jedoch an, dass ich auf der Mittelfläche zwischen den beiden Frontsitzen Platz nehmen könnte, wenn mir das nichts ausmache. Das Angebot nahm ich dankend an. Kosten 3 USD für die gut einstündige Fahrt. Mein Rucksack musste im Kofferraum untergebracht werden, wo der Ersatzreifen deponiert ist. Es stellte sich heraus, dass das keine gute Idee war. Als ich ihn nämlich zurück bekam, war der Rucksack voll mit Motoröl- und Dieselflecken. Weder den Gestank noch die Flecken konnte ich bis zum heutigen Tag herausbekommen, obwohl ich ihn unter der Dusche bereits mehrmals mit Seife abgeschruppt habe. Die Fahrt an sich war dafür wieder einmal sehr beeindruckend. Die Straße schlängelt sich durch die grünen Hügel immer höher die Berge hinauf, wobei man unglaubliche Aussichten genießen kann.


Colonia Tovar - Ein Stück Deutschland in der Ferne

Die Geschichte dieses außergewöhnlichen Ortes begann 1843, als eine Gruppe von 358 Deutschen aus dem Kaiserstuhl hierher auswanderte. Damals gab es noch keine Straßenverbindung zu anderen Orten, also lebten die Menschen sehr isoliert. Vermutlich haben sie auch deshalb die deutschen Traditionen so lange bewahrt. Sie sprachen einen alemannischen Dialekt und lebten unter sich. Mittlerweile haben sie sich aber mit den Venezolanern vermischt und nur noch wenige der älteren Generation sprechen ein wenig Deutsch. 


Colonia Tovar


Ein Kulturschock der besonderen Art

Ich gebe zu, dass es sich wie ein kleiner Kulturschock angefühlt hat, als ich in dem Ort ankam. Überall sieht man Restaurants und Cafés mir deutschem Namen. Es gibt sogar ein "Hotel Edelweiss". Die Kellner tragen Dirndl und Lederhosen und der Duft von Bratwurst und Sauerkraut liegt in der Luft. Die Einheimischen haben einen teilweise viel helleren Haut- und Haarton als im übrigen Land. Die Häuser sind im bayrischen Stil erbaut. Statt Alpenpanorama gibt es hier jedoch Palmen und tropischen Regenwald. Im Garten tummeln sich Kolibris. Eine ziemlich bizarre Szenerie. Als ich später in einem Gastgarten saß und das Lied "Die Gamserl schwarz und braun" gespielt wurde, war mein Kulturschock perfekt *lach*. 






Meine Unterkunft war richtig urig eingerichtet - es fühlte sich fast so an wie bei Oma zu Hause. Karierte Vorhänge, gemütliche Daunenkissen- und Decken und schöne Holzschnitzereien. Und das Beste: es war wohl meine erste Unterkunft in Venezuela, die wirklich blitzeblank sauber war. Das spiegelte sich auch im Preis nieder: 30 USD kostet hier die Nacht, es war somit auch die teuerste Unterkunft auf meiner ganzen bisherigen Reise. Aber man gönnt sich ja sonst nichts! Ich war zuerst zwei Nächte in der "Canbana Maria" und dann noch zwei Nächte in der "Posada Paola". Bei Paola hatte ich sogar eine kleine Küche dabei. 




Auch in Colonia Tovar waren viele einheimische Touristen anzutreffen. Der Ort liegt nur zwei Fahrtstunden von Caracas entfernt, also stellt er ein beliebtes Wochenend- und Ferienziel dar. 


Ich verbrachte die Tage natürlich mir meiner Lieblingsbeschäftigung Wandern. Am Freitag bestieg ich den Pico Codazzi mit seinen 2.429m. Also eigentlich war es nur ein etwa zweistündiger Spaziergang von Colonia Tovar bis zum Gipfel. Dort hielt ich mich dann aber nur ganz kurz auf, da es nur so wimmelte von Riesenwespen. So etwas habe ich tatsächlich noch nie gesehen. Beim Aufstieg hat mich schon eine Familie vorgewarnt, die gerade am Rückweg war. Sie wurden nämlich bereits gestochen. Beim Abstieg bot sich mir dann ein ziemlich skurriles Szenario: Die Oma der Familie ist wohl irgendwie ins Gebüsch abgekugelt. Nun versuchten sie sie gerade wieder mit vereinten Kräften aus der Böschung heraufzuziehen. Die feinen weißen Kleider der Oma waren komplett verdreckt und die Sonnenbrille hing ihr ganz verbogen vom Gesicht. Das war ein wirklich unglaublicher Anblick. Als sie wieder am Weg war, musste die ganze Familie herzhaft lachen. Auch ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Venezonlaner sind ja sowieso immer mit der kompletten Großfamilie unterwegs. Alleine trifft man sie äußerst selten an. Umso exotischer finden sie es, wenn sie mich alleine irgendwo herumwandern sehen. 


Wandern rund um Colonia Tovar



Was ich recht lustig fand war, dass ich in Colonia Tovar mehrmals nach irgendwelchen Wegbeschreibungen gefragt wurde. Es waren wohl einheimische Touristen, die sich gedacht haben ich sei eine waschechte Ortsansässige mir meinen blonden Haaren ;) 


Goodbye Venezuela

Nachdem ich ein paar ganz entspannte Tage in dem deutschen Örtchen verbracht hatte, ging es dann am Montag zurück nach Caracas. Meine Zeit in Venezuela geht dem Ende zu. Zuerst nahm ich den Bus nach Junquito (2 USD, 1h Fahrt) und von dort aus einen weiteren ins Zentrum von Caracas (35 Bolivares, 1,5h Fahrt). Ich konnte für die eine Nacht wieder bei Rodolfo unterkommen. Vielleicht erinnert ihr euch: er war mein bereits bei meiner Ankunft in Venezuela mein Couchsurfing Gastgeber. Es war schön mich mit ihm über meine Erlebnisse der vergangenen zwei Monate auszutauschen. Er bekochte mich sogar noch mit leckeren Arepas. 


Ich muss zugeben, dass ich gerne noch länger im Land geblieben wäre, aber nun muss ich mich auf den Weg zu den Galapagos Inseln machen, wo ein kleiner Job in einem Hotel auf mich wartet. Unwissentlich habe ich wohl ein sehr gutes Datum gewählt, Venezuela zu verlassen. Am 10. Januar steht dem Land nämlich eventuell ein großer politischer Umbruch bevor. Die politische Situation in Venezuela ist generell etwas komplex und sehr angespannt. Es ist mit gewaltvollen Ausschreitungen zu rechnen. Viele meiner venezolanischen Freunde haben mich bereits gewarnt, ich solle Caracas so schnell wie möglich verlassen, da die Chance groß ist, dass die Situation in den nächsten Tagen eskalieren könnte.


So bin ich nun bereits am Flughafen angekommen und warte auf meinen Abflug. Selten habe ich so ein chaotisches Check-in erlebt. Etwa drei Stunden lang stand ich in einer unendlich langen Menschenschlange. Aufgrund der bevorstehenden politischen Ereignisse versuchen gerade viele Einheimische das Land zu verlassen. Es gibt eine enorme Polizeipräsenz und es wurden mir tausende Fragen bei der Ausreise gestellt. Generell empfinde ich den ganzen Flughafen ziemlich unübersichtlich und chaotisch. 


Trotz alldem muss ich sagen, dass Venezuela mich sehr positiv überrascht hat. Es war eine Reise voller herzlicher Begegnungen, atemberaubender Landschaften und unvergesslicher Abenteuer. Die Vielfalt des Landes ist wirklich überwältigend. Doch am meisten hat mich die Gastfreundschaft, der Optimismus und die Hilfsbereitschaft der Menschen beeindruckt. Ich wurde überall mit offenen Armen empfangen. Die größten Herausforderungen waren die ständigen Polizeikontrollen und die Busfahrten. Auch das mit den verschiedenen Währungen war anfangs sehr verwirrend. Ich hoffe eines Tages meine Reise hier fortsetzen zu können. 


Adiós Venezuela!





 => Hier findest du noch mehr Fotos von Colonia Tovar <=





Sonntag, 5. Januar 2025

Choroní - zwischen Karibik-Flair und Kakaoplantagen

By On Januar 05, 2025

 

Choroní, Venezuela

Es wurde wieder eine kurze Nacht. Bei den Nachbarn war nämlich eine riesen Karaoke-Party im Gange. Das Ganze war so laut, das selbst in meinem Schlafzimmer die Wände vibrierten. Es hörte erst auf, als um 1 Uhr nachts der Strom ausfiel. So kam ich wenigstens noch zu ein bisschen Schlaf, bis ich dann um kurz nach fünf zum Busbahnhof in Mérida musste. Ich hatte Glück, denn sobald ich dort ankam, startete bereits ein Bus nach Barquisimeto. Er war halb leer, also hatte ich ausreichend Platz es mir gemütlich zu machen. Die Fahrt dauerte aber um einiges länger, als ich dachte: ganze zehneinhalb Stunden! Kosten: 25 USD.


Barquisimeto war nur als Zwischenstopp auf meinem Weg nach Choroní gedacht. Ich blieb trotzdem zwei Nächte dort, da ich nur sehr ungern zwei Tage hintereinander so lange im Bus sitze. Ich muss zugeben, dass mich die Stadt nicht umgehauen hatte. Es ist laut, schmutzig und das Klima sehr heiß. 


Eine nervenaufreibende Anreise nach Choroní

Am Montag Morgen marschierte ich zum Busbahnhof in Barquisimeto. Auf meinem Weg nach Choroní musste ich in Maracay den Bus wechseln. Ein Herr am Busbahnhof überredete mich ein Por Puesto (= Sammeltaxi) nach Maracay zu nehmen, da diese viel schneller, komfortabler und nur gering teurer wären. Ich beschloss mir diesen Luxus zu gönnen. Kaum war mein Rucksack im Kofferraum verstaut, erklärte mir der Fahrer, dass es ihm mega leid tue, aber er würde nun doch nur nach Valencia fahren, da die anderen drei Fahrgäste dorthin müssten. Aber von dort aus wäre es super einfach einen Bus nach Maracay zu finden. Ich war natürlich nicht unbedingt erfreut, aber nahm es so hin. Am Weg nach Valencia wurden wir von einer Polizeikontrolle aufgehalten. Neben unseren Ausweisen wollten sie tatsächlich unser ganzes Gepäck kontrollieren. Wie man sich vorstellen kann, dauerte das eine halbe Ewigkeit. Sie nahmen meinen kompletten Rucksack auseinander. Ich habe wieder Trick 17 angewandt und gesagt ich könne kein Spanisch. Einer der Polizisten konnte etwa fünf Wörter auf Englisch, aber es war ihm irrsinnig peinlich es zu sprechen. Zudem haben ihn die anderen Polizisten jedes Mal herzlich ausgelacht, als er ein englisches Wort raushaute. Das heiterte wenigstens die Stimmung etwas auf. 


Nach einer Stunde kamen wir in Valencia an. Der Fahrer ließ mich vor dem Busbahnhof raus. Ich wollte gerade das Terminal betreten, als mich eine Polizistin herausfischte. Sie wollte meinen Pass sehen. Nachdem sie ihn ewig studiert hatte, beschloss sie, dass ich mitkommen musste. Das konnte doch nicht wahr sein! Wenn das so weiterginge, würde ich niemals in Choroní ankommen. Ich folgte ihr in das kleine Polizeirevier in der Nähe des Busbahnhofes. Dort zeigte sie meinen Pass noch ihren Chef. Danach wurde ich in eine Nebenkammer gebeten. Ich sollte meinen ganzen Rucksack leeren. Ich versuchte freundlich zu bleiben und begann mein ganzes Hab und Gut erneut auszupacken. Zwei Polizistinnen durchsuchten alles bis ins kleinste Detail. Sogar meine Ohropax hielten sie gefühlte Ewigkeiten in den Händen und beratschlagten was das wohl sei. Meine Frage was sie eigentlich suchen würden, beantworteten sie mir nicht wirklich. Ich versuchte gut aufzupassen, dass sie sich nichts einsteckten. Immerhin habe ich schon genug Horrorgeschichten über die Polizei in Venezuela gehört. Ich war froh, als ich aus ihrer Kammer entlassen wurde und bestellte mir erstmal einen Kaffee am Busbahnhof. Der nette Herr dort konnte mich etwas aufheitern und schenkte mir sogar den Kaffee. Den Bus nach Maracay fand ich sogleich und kaum eingestiegen startete er. Die Fahrt kostete 3 USD und dauerte eine Stunde. Dort stand dann auch schon der Bus nach Choroní parat, aber leider dauerte es etwa zwei Stunden bis dieser endlich startete. Die Hitze machte das Warten nicht gerade angenehmer. 


Dieser bunte, leicht ramponierte, uralte Schulbus im Retro-Stil sollte mich nach Choroní bringen ;)


Eine abenteuerliche Busfahrt

Die 50 km lange Strecke von Maracay nach Choroní war überaus abenteuerlich und spektakulär. Der Straße führt durch den Henri-Pittier-Nationalpark, eines der ältesten und artenreichsten Naturschutzgebiete des Landes. Zuerst ging es serpentinenmäßig etwa 1.200 Höhenmeter bergauf. Links und rechts dichter Dschungel. Aufgrund der mangelnden Fahrbahnbreite, der fehlenden Leitplanken und der steilen Abhänge ist diese Straße als eine der gefährlichsten des Landes bekannt. Das hinderte den Busfahrer jedoch nicht daran mit vollem Karacho dahinzubrettern. Aber vermutlich kannte er die Strecke bereits in- und auswändig. Wenn Gegenverkehr kam, lehnte sich der Bus so nah an den Abgrund, dass mir jedes Mal der Angstschweiß auf der Stirn stand. Die Einheimischen beeindruckte das alles herzlich wenig. Zwischendurch hielten wir an einem kleinen Bach. Kurzerhand öffnete der Fahrer die Motorhaube von der Rauch aufstieg. Er holte mehrere Eimer Wasser um irgendetwas im da drinnen abzukühlen. Was für ein Bild: ein rauchender Bus mitten im Nirgendwo, umgeben vom tropischen Regenwald. Auch das war für den Fahrer vermutlich Routine. Später mussten wir noch einmal halten, weil einem Mann übel wurde. Er torkelte aus dem Bus und musste sich 10 Minuten lang übergeben. Plötzlich wurde er ganz bleich und kollabierte. Nachdem ihm ein Kübel Wasser über den Kopf geschüttet wurde kam er langsam wieder zu sich. Es ging weiter. 

Eine holprige Ankunft in Choroní 

Nach 2,5 Stunden Fahrt stieg ich in der Nähe meiner Unterkunft aus dem Bus aus. Während ich so dahinwanderte, hatte ich irgdendwie das Gefühl, dass sich alles so leicht anfühlte. In dem Moment überkam es mich: Ich hatte meine Handtasche im Bus vergessen. Wie verrückt begann ich loszurennen, was ziemlich beschwerlich war mit dem schweren Rucksack am Rücken. Ich fragte ein paar Einheimische wohin der Bus gefahren wäre und rannte weiter. Plötzlich hielt ein Mann mit seinem Moped neben mir und fragte was los sei. Als ich ihm von meinem Missgeschick erzählte, forderte er mich auf mitzukommen und wir nahmen gemeinsam auf seinem Moped die Verfolgungsjagd auf. Ich hatte ein Riesenglück, denn im allerletzten Moment, bevor der Bus wieder die Rückfahrt angetreten hatte, konnte ich meine Tasche noch herausholen. Der liebe Mann brachte mich noch zu meiner Unterkunft "La Casa de Greisha". Es war die einzige halbwegs bezahlbare Unterkunft, die ich im Ort noch gefunden hatte (20 USD/Nacht). Aufgrund der Feiertage sind nämlich sehr viele einheimische Touristen hier. Die Inhaberin der Unterkunft - Greisha - war überrascht von meiner Ankunft. Sie hätte nicht mehr mit mir gerechnet. Zum Glück hatte sie noch ein Kämmerchen frei für mich. Morgen würde ich dann mein normales Zimmer bekommen. Was für ein verrückter Tag!


Ceviche, Cocada und Karbik-Feeling

Meine Unterkunft befand sich etwas außerhalb des Ortszentrums, worüber ich letztendlich sehr froh war. Ich spazierte am ersten Abend zur Uferpromenande, wo um einiges mehr los war, als ich erwartet hatte: Unmengen von venezolanischen Touristen und ausgelassene Stimmung in Kombination mit lauter Musik. Ich bestellte mir an der Strandbar eine leckere Cocada (Getränk aus Kokoswasser, Kokosmilch und Eis) und plauderte mit den Besitzern. Sie klärten mich auf, dass hier im Ort normalerweise nicht viel los sei, aber da gerade Ferienzeit sei steppt hier der Bär. 

Choroní wirkt fast wie aus einem Postkartenmotiv: bunte Häuser, die sich an die Hügel schmiegen und von dichtem Dschungel umgeben sind. Gleich daneben die Karbikküste. Hier in der Region wird zudem viel Kakao angebaut. 


Choroní, Venezuela

In den kommenden Tagen genoss ich jede Menge Ceviche aus frischem Fisch und noch mehr Cocada. Morgens trank ich gemeinsam mit Greisha Kaffee während wir über Gott und die Welt plauderten. 

Ceviche (roher Fisch in Limettensaft mariniert mit Zwiebeln, Koriander und Salz) mit frittierten Kochbananen :)

Der Pool meiner Unterkunft

Abseits des Trubels 


Im Ort selbst herrschte mir für meinen Geschmack etwas zu viel Trubel. Deshalb unternahm ich tagsüber ausgedehnte Wanderungen. Am ersten Tag ging es auf den Aussichtshügel Cerro el Cristo. Danach weiter zum Playa Tinikijima und Playa Diario. 

Choroní 

Blick vom Cerro el Cristo hinunter auf Choroní 

Faro Choroní 

Playa Grande, Choroní 



Am nächsten Tag war das verlassene Hotel Santa Barbara mein Ziel. Es wurde in den 1950er Jahren erbaut, war aber scheinbar nicht lange in Betrieb. Es sollte ein Luxusresort für wohlhabende Gäste werden. Das Hotel liegt auf einem kleinen Berg. Von der ehemaligen Straße da hoch ist nicht mehr viel übrig. Es geht einen kleinen Wanderpfad quer durch den üppigen Dschungel steil nach oben. Da ich aus meinen Schlangenbegegnungen in Venezuela gelernt habe, hatte ich diesmal einen Holzstock dabei. Zum Glück musste er nicht zur Abwehr in Einsatz kommen. Nach etwa zwei Stunden kam ich bei den Hotelruinen an. Das einst luxuriöse Hotel ist mittlerweile von der Natur zurückerobert worden. Das Ganze sorgt für eine mystische Atmosphäre. Ich genoss das atemberaubende Panorama noch eine Weile, bevor ich mich auf den Rückweg machte. 

Das verlassene Luxushotel Santa Barbara in Choroní 


Ein traumhafter Ausblick hinunter auf Choroní 

Nach der schweißtreibenden Wanderung gönnte ich mir ein erfrischendes Bad im Fluss von Choroní, welcher sich durch den Regenwald schlängelt.

Zeit für ein erfrischendes Bad 

Den Rest des Tages war ich damit beschäftigt mir zu überlegen wie es die nächsten Tage weitergehen sollte. Meine Tage in Venezuela sind nun gezählt. Bevor ich für meinen Weiterflug zurück nach Caracas muss, würde ich gerne noch Colania Tovar besuchen. Ich würde es zwar auch noch ein paar Tage in Choroní aushalten, aber bei Greisha konnte ich leider nur noch eine Nacht bleiben, da sie dann ausgebucht ist. Im ganzen Ort sind nur noch ein paar super teure Unterkünfte verfügbar. Ich beschloss also kurzerhand am nächsten Morgen weiterzuziehen. 

Greisha verabschiedete mich mit einer herzlichen Umarmung. Generell habe ich in Venezuela das Gefühl, dass man in den meisten Unterkünften mehr als nur ein Gast ist. Meist wird man als Teil der Familie aufgenommen. Viele meiner ehemaligen Gastgeber schreiben mir nach wie vor Nachrichten und erkundigen sich wie meine Reise so läuft. 


Für mich geht es nun weiter nach Colonia Tovar. Das mit der Unterkunft dort ist aber auch noch nicht ganz geklärt, da nach wie vor Ferienzeit ist und auch in diesem Ort fast alles ausgebucht scheint. 


Hasta luego!


Eure Michi :)




Freitag, 27. Dezember 2024

Los Nevados: Wo die Zeit stillzustehen scheint

By On Dezember 27, 2024


Los Nevados, Mérida, Venezuela

Mission Transportmittel

Einen Transport in das Bergdörfchen Los Nevados zu finden, war wieder mal ein Krampf. Es hieß, dass ich am Plaza Las Heroínas in Mérida suchen sollte. Dort hätte ein Herr sein Büro, der für die Jeeps verantwortlich sei, die dorthin fahren. Leider war das Büro geschlossen. Ich fragte ein paar der Männer, die dort ihre Sachen verkauften, ob sie mir irgendeine Auskunft geben könnten. Sie meinten, ich solle morgen - am Montag - einfach um 7 Uhr früh hierher kommen, denn montags würde eigentlich immer ein Jeep fahren. Ich versuchte die Telefonnummer, die an der Bürotüre angebracht war, anzurufen - jedoch erfolglos. Über mehrere Ecken bekam ich eine andere Nummer. Derjenige, der abnahm, meinte dass erst mittwochs wieder ein Jeep fahren würde. Das war mir eindeutig zu spät. Schön langsam rennt mir nämlich die Zeit davon. In gut zwei Wochen sollte ich schon auf den Galapagos Inseln sein. Nach ewigem Recherchieren fand ich noch eine weitere Nummer. Dieser Herr meinte wiederum, morgen um 7 Uhr würde ein Transportmittel vom Plaza Las Heroínas abfahren. Mein Wecker klingelte also am Montag um 5 Uhr morgens. Die Nacht war ziemlich nervenaufreibend, da im Nachbarhaus die ganze Nacht Fiesta angesagt war. Alirio erlaubte mir weiterhin Sachen in seinem Haus zu deponieren. Es fühlte sich mittlerweile schon an wie mein eigenes Haus. Alirio habe ich seit über einer Woche nicht mehr gesehen. Nach einem 40-minütigen Fußmarsch erreichte ich den Plaza. Dort saßen tatsächlich die Herren mit dem Jeep. Sie meinten wir müssten warten, da noch keine weiteren Fahrgäste da wären. Über zwei Stunden saß ich mit ihnen da. Dann musste ich einsehen, dass heute niemand mehr kommen würde. Ich gebe zu, dass ich etwas angepisst war. Sie versicherten mir aber, dass sie morgen 100%ig fahren würden. Wenn ich jedoch 60 USD zahlen würde, könnten sie mich auch sozusagen als Privattransport da rauf bringen. Das war mir eindeutig zu viel. Ansonsten würde die Fahrt nämlich 20 USD kosten. Im Prinzip war der Montag dann ein verlorener Tag. Ich war sowieso ziemlich müde und beschloss mir die Zeit mit Frustessen zu vertreiben. Ich gönnte mir Tiramisu, Eiskaffee, ein leckeres Abendessen usw. Es hieß ich sollte am Montag um 9 Uhr wieder am Plaza Las Heroínas sein. Um 10 Uhr würden wir losfahren. Ich startete also einen erneuten Versuch. Mittlerweile war der 24. Dezember - also Heiliger Abend. Wie sehr wünschte ich mir doch als kleines Weihnachtsgeschenk, dass das heute klappt. Ich hatte überhaupt keine Lust Weihnachten in Mérida zu verbringen. Am Plaza angekommen, waren schon mehrere Leute vor Ort. Es wurde auch schon gleich begonnen, das Gepäck auf das Dach des Jeeps aufzuladen und festzubinden. Auch mein Rucksack. Um 9:20 Uhr fuhren wir los. Man kann sich also auf Uhrzeiten in Venezuela null verlassen - entweder wird viel zu früh oder viel zu spät gestartet *lach*. Aber ich denke Zeit spielt hier einfach keine Rolle. 


Das idyllische Bergdörfchen Los Nevados


Eine abenteuerliche Fahrt

Als ich später im Jeep saß und sogar vorne sitzen durfte war mein Glück perfekt. Wir quetschten uns zu dritt auf die zwei Vordersitze, fünf Leute am Rücksitz und zwei im Kofferraum. Wir fuhren noch ewig lange herum, um Sachen einzukaufen und um zu tanken. Die nächsten 60 km ging es steile, sehr abschüssige und großteils unasphaltierte Bergstraßen hoch - das ist eindeutig nichts für schwache Nerven. Der Weg windet sich von Mérida aus durch die spektakuläre Bergwelt und schlängelt sich immer weiter hinauf, vorbei an tiefen Schluchten und durch Nebelwälder. Dem Mädchen neben mir war übel und wir mussten mehrmals halten, da sie sich übergeben musste. Einmal machten wir einen längeren Stopp. Mir wurde zum ersten Mal Chicha serviert. Es handelt sich dabei um ein traditionelles Getränk Venezuelas, das durch das Fermentieren von Mais hergestellt wird. Es schmeckt recht süß und leicht alkoholisch.  Nach etwa 5 Stunden Fahrt kamen wir endlich in dem Dörfchen Los Nevados an.


Los Nevados - ein Bergdorf auf 2.700 m Seehöhe

Los Nevados ist ein charmantes Bergdörfchen auf 2.710m Seehöhe inmitten des Sierra Nevada Nationalparks. Es wurde im Jahr 1591 von spanischen Kolonisten gegründet und ist somit eines der ältesten Dörfer in der Region. Die abgelegene Lage macht das Dorf zu einem isolierten Ort, was dazu beitrug, dass viele der Traditionen, Bräuche und die Architektur aus der Kolonialzeit bis heute bewahrt wurden. Die Menschen in Los Nevados leben schon seit Jahrhunderten von Viehzucht, Landwirtschaft und Handwerk. 

Das Dorf ist tatsächlich noch kleiner als ich dachte. Es besteht vielleicht aus 15 Häusern. Mit seinen engen, kopfsteingepflasterten Straßen, den rustikalen Lehmhäusern und der kleinen Kirche, fühlte es sich an, als wäre die Zeit stehen geblieben. In etwa fünf Minuten hat man das ganze Dorfzentrum durchwandert. Am Platz vor der Kirche tummelten sich ein paar Leute. Ein Mann sattelte gerade seinen Muli. Pferde und Muli sind hier die gängigsten Transportmittel. Einige haben ein Moped. Autos gibt es nicht. 


Die Kirche von Los Nevados wurde ursprünglich 1630 errichtet und 1917 restauriert. 

Weihnachten in den Anden 

Meine Unterkunft hier heißt Bella Vista und hat eindeutig den besten Ausblick im ganzen Dorf. Preis: 25 USD inklusive Frühstück und Abendessen. Es gibt sogar Warmwasser und WLAN auf der Terrasse. Neben mir sind noch zwei weitere Gäste angekommen: ein Vater mit seinem Sohn. Sie kommen aus Caracas und möchten gerne Weihnachten hier verbringen. Wir aßen zusammen zu Abend. Es wurde üppig aufgetischt. Zuerst ein großes Teller Gemüsesuppe. Ich dachte eigentlich das wäre die Hauptspeise. Doch dann kam noch gebratener Fisch, Reis, Kartoffeln und Salat. Dazu frisch gepresster Mangosaft. Und zulguterletzt noch ein Stück leckerer, selbstgebackener Kuchen. Und das Beste: es kommt alles aus dem eigenen Garten, was man hier serviert bekommt. Die Menschen leben nämlich großteils als Selbstversorger. Nur sehr selten wird der lange und beschwerliche Weg in die Stadt auf sich genommen. 


Meine Unterkunft, die Posada Bella Vista

Leckere Gemüsesuppe

Nach dem Abendessen erklang die Kirchenglocke. Die Dorfbewohner versammelten sich in der kleinen Kirche, um an der Messe teilzunehmen. Währenddessen genoss ich auf der Terrasse die sternenklare Nacht. Den Heiligen Abend in dem kleinen Dörfchen Los Nevados zu verbringen, umgeben nur von der stillen, atemberaubenden Bergwelt war etwas ganz Besonderes. 

Wanderungen rund um Los Nevados

Die Nacht war kalt. Ich war um die zwei Bettdecken sehr froh. Geschlafen haben ich hervorragend, denn es war wunderbar leise - was in Venezuela absolut nicht die Norm ist - und auch die kühle Luft war eine willkommene Abwechslung zu den sonst oft recht schweißtreibenden Nächten. Ich frühstückte tatsächlich mit dem Pastor, der gestern die Messe hielt. Er ist extra dafür aus Mérida angereist. In Los Nevados gibt's nämlich weder einen Pastor, noch einen Arzt oder eine Krankenschwester. Das heißt, wenn man mal akut erkrankt oder verunfallt muss man erst stundenlang steile, unbefestigte Bergstraßen hinunter gefahren werden bis nach Mérida. Der Pastor erzählte mir, dass er einige Jahre in Rom gelebt hat. Und dass vor über 20 Jahren hier wohl auch öfters ausländische Touristen ankamen. Das Frühstück war wieder sehr reichhaltig: Arepas, eine Avocado, Spiegeleier, Käse, Marmelade, Kaffee und frisch gepresster Guavensaft. Und alles selbstgemacht! Das Frühstück und Abendessen variierte übrigens jeden Morgen. Und es war jedes Mal köstlich! 

Die nächsten zwei Tage verbrachte ich mit ausgiebigen Wanderungen. Einmal ging es in Richtung Pico Bolívar, der höchste Berg Venezuelas, der stolze 4.978m hoch ist. Ich erklomm zwar nicht den Gipfel, aber ich konnte ihn aus nächster Nähe betrachten. Am Morgen ist er manchmal leicht schneebedeckt, aber da die Sonne tagsüber so warm vom Himmel strahlt, schmilzt dieser auch ganz schnell wieder. Ich machte bei etwa 4.000m kehrt, da Wolken aufzogen. Ich wollte in kein Unwetter kommen, da ich doch ziemlich weit von Los Nevados entfernt war und auf einer solchen Höhe ist das wahrscheinlich nicht sonderlich angenehm. Am Rückweg lichtete sich der Himmel aber wieder und ich gönnte mir ein Bad in einem eiskalten Gebirgsbach. Später kam ich an ein paar Lehmhäusern vorbei und unterhielt mich mit den Farmern. Sie stellten ganz neugierige Fragen, da es ihnen doch recht ungewöhnlich schien hier ein Blondine anzutreffen, die ganz alleine durch die Berge wandert. 


Blick hinunter auf Los Nevados

Augenscheinlich gibt es hier Skorpione. Dieser hier befindet sich aber nicht mehr unter den Lebenden.


Viele abgelegene Farmen, gebaut aus Lehm. 



Mein heutiger Badeplatz :)

Die Wanderung am Donnerstag ging nicht so hoch hinaus. Zuerst wanderte ich eine tiefe Schlucht hinunter, wo ein glasklarer, eiskalter Fluss war. Die Abkühlung sparte ich mir für den Rückweg auf. Auf der anderen Seite wanderte ich wieder bergauf. Es gibt unzählige kleine Wege. Ich war erstaunt wie weit abseits viele Menschen hier in ihren Lehmhäusern leben. Sie haben weder Autos noch Motorräder. Wenn sie nach Los Nevados wollen müssen sie dort zu Fuß hin, was wohl mehrere Stunden dauert.  Oder sie nehmen den Muli oder ein Pferd. Aber da sie sowieso fast alles was sie brauchen selbst anbauen, ist das vermutlich nicht sonderlich oft nötig. 

Und wieder ist ein schöner Badeplatz gefunden



Mais wird auf Tierfellen getrocknet


Ein Dreschplatz für Getreide. Mithilfe von Ochsen wird das Getreide hier gedroschen. 


Zurück im Ort saß ich mit ein paar Dorfbewohnern im Schatten zum Plaudern. Ein netter Herr kam gerade mit seinem Muli angeritten und verkaufte mir ein paar seiner frisch geernteten Granadillas ( = so etwas ähnliches wie eine Maracuja, jedoch ist die Schale gelb und das Fruchtfleisch sehr süß). 


Ein Muli


Heute, am Freitag, sollte es wieder zurück nach Mérida gehen. Vorausgesetzt es kommt ein Jeep. Es hieß, dass normalerweise jeden Freitag um 12 Uhr einer auftauchen sollte. Also wartete ich am Kirchenvorplatz. Es war natürlich wieder einmal eine Geduldsprobe. Zwischendurch überlegte ich, ob ich vielleicht besser jemanden mit einem Motorbike zahlen sollte. Die Besitzerin meiner Unterkunft meinte, dass ich das nur im äußersten Notfall machen sollte, da die Fahrt einige Stunden dauert. Die Wege wären staubig und die die Sonne knallt vom Himmel. Um kurz vor 14 Uhr kam dann endlich doch noch der Jeep an. Die Rückfahrt dauerte erfreulicherweise "nur" drei Stunden. Ich konnte wieder vorne sitzen. Diesmal teilte ich mir den Sitzplatz mit einem recht molligen Mädchen - es war also ziemlich eng. Aber wenigstens musste sie nicht erbrechen. Die Rückfahrt kostete 15 USD. Nun werde ich noch eine Nacht in Mérida verbringen, bevor ich dann morgen weiter ziehe nach Barquisimeto



Eure Michi :)