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Donnerstag, 30. März 2017

Mitad del Mundo (= Mitte der Welt) & der Vulkankrater Pululahua

By On März 30, 2017

Die Mitte der Welt - Mitad del Mundo

Da heute mein freier Tag war und sich auch Jessica frei genommen hatte, beschlossen wir die Mitte der Welt ´ "Mitad del Mundo" zu besuchen. Ecuador ist ja immerhin bekannt für seine Lage am Äquator. La Mitad del Mundo ist ein Monument in San Antonio de Pichincha - ca 23 km nörlich von Quito - und markiert die Position des Äquators. Charles Marie de La Condamine bestimmte diesen Punkt 1736 als erster Europäer mit einer französischen Expedition. Wie sich später in Zeiten des GPS herausstellte, befindet sich der wahre Äquator etwa 240 m nördlich des Monuments. 

Anreise

Jessica und ich machten uns also gegen neun Uhr morgens auf in Richtung San Antonio de Pichincha. Man nimmt dazu zuerst einen Bus vom Busbahnhof La Marín Central nach Ofelia. In Ofelia steigt man um in einen Bus der mit Mitad del Mundo beschriftet ist. Die Gesamtfahrzeit beträgt etwa 1,5 Std und kostet 0,35 USD - ist also auch für das kleine Budget gut zu verkraften. 

Das Monument Mitad del Mundo

Da weder Jessica noch ich großen Gefallen an Touristenattraktionen und Sightseeing finden, beschlossen wir den Eintritt zu dem Monument, das den Mitttelpunkt der Welt markieren sollte, nicht zu bezahlen, sondern einfach ein Foto von außerhalb zu machen - nun können wir zumindest behaupten, dass wir da waren. Der Eintritt kostet so um die 5 USD. Weiters gibt es noch jede Menge Museen und andere Attraktionen ringsherum, die wir uns jedoch auch sparten.

Ich und Jessica mit dem Monument der Mitte der Welt im Hintergrund




ein Museum in der Nähe von Mitad del Mundo - wir betrachteten es jedoch nur von außen, was jedoch völlig reichte, da der Spaziergang rundherum alleine schon traumhaft schön ist

traumhafte Pflanzenwelt





Der Vulkankrater Pululahua

Stattdessen machten wir uns auf in Richtung Pululahua. Dies ist ein riesiger Vulkankrater, auf den man hinaufwandern kann. Von dort aus hat man eine traumhafte Aussicht. Am Kraterboden befindet sich ein winziges Dorf.

Wir nahmen also einen Bus von San Antonio in Richtung Pululahua (0,25 USD). Man steigt an der Endstation des Busses aus und wandert nun etwa eine halbe Stunde nach oben zum Vulkankrater. Da es sich um einen Nationalpark (Reserva Geobotanica Pululahua) handelt muss man sich am Eingang registrieren - zahlen muss man aber nichts ;) Vom Vulkankrater aus hatten wir einen absolut traumhaften Ausblick auf die umliegenden Vulkane und das minikleine Dörfchen, das sich am Kraterboden befindet - obwohl Dörfchen ist wohl fast übertrieben gesagt, es handelt sich eher um ein paar wenig kleine Farmen, der vulkanische Boden dort ist nämlich, wie man sich vorstellen kann, sehr fruchtbar. Die Wanderung zum Kraterboden hinunter und wieder zurück dauert laut Beschilderung etwa 90 Minuten - wir ließen dieses Vergnügen jedoch aus und wanderten noch ein wenig am Vulkankrater selbst entlang.


Pululahua



Blick auf den Vulkankraterboden und das kleine Dörfchen dort

Ich und Jessica am Kraterrand des Pululahua






Alles in allem, war es ein wunderschöner Tag. Mitad del Mundo ist zwar eher eine Touristenattraktion, aber wenn man schon mal in Ecuador ist, gehört es ja fast doch auch dazu die Mitte der Welt zu besuchen ;) Am besten hat uns jedoch der Vulkankrater Pululahua gefallen.


=> Fotoalben Ecuador <=













Sonntag, 26. März 2017

Camping auf 5.100 m & erneute gescheiterte Besteigung des Chimborazo 6.310 m

By On März 26, 2017

Neue Chimborazo Besteigungspläne mit Santiago

Ich glaube ich habe euch vor einer guten Woche bereits erzählt, dass ich auf der Schutzhütte des Chimborazo zufällig auf Santiago getroffen bin. Er ist ein Guide mit dem ich einige Wochen zuvor schon Kontakt hatte bzgl der Chimborazo Besteigung. Wir wurden uns damals aber über den Preis nicht einig, deshalb entschied ich mich letztendlich für Ñato. 

Als ich Santiago auf der Hütte traf war er aber äußerst freundlich und meinte dann schlussendlich er würde mich gerne auf einen erneuten Besteigungsversuch einladen. Oh wow. Ich war mir gar nicht sicher, ob er das ernst meinen würde. Doch siehe da, es wurde was draus. Ich war ja der Meinung, dass wenn wir es erneut versuchen wollen, dies möglichst bald passieren sollte, denn im Moment bin ich gut akklimatisiert und so halbwegs in Form. Ich fragte ihn also, ob er diesen Donnerstag Zeit hätte, und er stimmte sogleich zu.

Erneut nach Riobamba

Ich fuhr also am Mittwoch erneut nach Riobamba, der Stadt am Chimborazo, und kam wieder bei Fausto unter. Am Abend traf ich mich mit Santiago und mein Equipment zu prüfen. Einige Dinge wie Schutzhelm, Klettergurt und ordentliche Bergschuhe konnte er mir leihen, Pickel und Steigeisen musste ich mir in einem Fachgeschäft ausleihen. Zwei Freunde von Santiago kommen auch mit - Jorge, der auch gerne Guide werden möchte und Chino, für den es die erste Besteigung des Chimborazo ist. Um Geld zu sparen und uns besser zu akklimatisieren werden wir zelten, erklärte mir Santiago. Ich schluckte erstmals. In der Nacht hat es auf dieser Höhe um die - 10 Grad Celsius und mein Schlafsack ist nicht gerade der Beste. Andererseits hörte es sich nach einem unvergesslichen Abenteuer an.

Auf zum Zelten am Chimborazo auf 5.100 m

Am Donnerstag Morgen ging es los. Unser Gepäck war beträchtlich: Zelte, Schlafsäcke, Equipment für die Chimborazo Besteigung, Kochutensilien und die Jungs hatten sogar ihre Sbowboards dabei.

unser Gepäck 


Bis zur ersten Schutzhütte auf 4.800 m fuhren wir. Dann schleppten wir uns mit jeweils 20-30 kg auf dem Rücken auf 5.100 m und suchten einen geeigneten Zeltplatz. Dort stellten wir unsere zwei Zelter auf. Die Jungs gingen danach noch kurz snowboarden. Wir bereiteten unser Abendessen gegen fünf Uhr zu, damit wir nicht zu spät ins Bett kommen. Gekocht wurde natürlich mit Schnee und auch zum Trinken kochten wir Schneewasser ab. Als die Sonne unterging wurde es unglaublich kalt. Da der Chimborazo ja der Punkt auf dieser Erde ist, der am nähesten an der Sonne liegt, ist es untertags eigentlich ziemlich warm - was mir unter anderem einen ordentlichen Sonnenbrand bescherte - trotz Sonnencreme. Wir begaben uns also ins Zelt und versuchten zu schlafen - gegen Mitternacht heißt es wieder aufstehen zur Gipfelbesteigung. Ich glaube ich habe keine Minute schlafen können, da ich so fror - trotz T-Shirt und fünf Schichten Pullover, außerdem drei Hosen und drei Paar Socken.

unser Zeltplatz auf 5.100 m

die kleine Lagune des Chimborazo

gekocht wurde mit Schnee


Erneuter Besteigungsversuch des Chimborazo

Wie froh war ich als es endlich Zeit war aufzustehen. Wir kochten noch schnell etwas Wasser auf, um Tee zu machen und stärkten uns mit einer Kleinigkeit. Dann ging es los. Die Schneeverhältnisse waren diesmal etwas anders als beim letzten Mal - die oberste Schicht bestand ca zwei cm aus Eis, wenn man durchbrach versank man fast hüfttief im Schnee. Wir hatten aber Riesenglück, denn eine Gruppe von 4 Personen hat sich bereits zwei Stunden vor uns auf den Weg gemacht, somit konnten wir ihren Spuren folgen. Santiago ging in einem richtig angenehm langsamen Tempo voran, was mich wieder einmal etwas in der Meinung bestätigte, dass Ñato viel zu schnell mit mir unterwegs war und ich deshalb solche Probleme mit der Höhe bekam und irgendwann einfach nicht mehr konnte. Diesmal fühlte ich mich so unendlich energiegeladen. Die Gruppe vor uns kam uns bereits nach Kurzem entgegen. Sie hätten nach dem El Castillo an der Schlüsselstelle umgedreht, da die Klienten zu viel Angst gehabt hätten. Sie sahen ziemlich fertig aus und bewegten sich nur in Zeitlupe bergab. Wir passierten die kleine Kletterstelle nach dem El Castillo problemlos, sogar Chino, für den der Chimborazo komplett neu war, schlug sich hervorragend. Nun war es vorbei mit dem Weg, den wir folgen konnten. Das Weiterkommen war nun beschwerlicher. Der Wind war diesmal stark und eisig kalt. Sogar mein Trinkwasser war eingefroren. Ich bemerkte, dass Santiago nicht sehr zufrieden war mit dem Schnee. 

Am Ende kam es wie ich befürchtet hatte. Santiago erklärte uns, dass er es nicht verantworten konnte weiter mit uns zu gehen, da die Schneesituation viel zu gefährlich sei. Für mich brach in diesem Moment eine kleine Welt zusammen. Diesmal wäre ich top in Form und auch die Höhe machte mir absolut keine Probleme. Ich versuchte ruhig zu bleiben und keine Diskussion zu starten. Immerhin ist Santiago ausgebildeter Bergführer und noch dazu hatte er mich auf diese Tour eingeladen. Andere Leute zahlen dafür bis zu 600 USD. Auch Jorge und Chino stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Wir kamen also diesmal fast so weit wie ich damals mit Ñato gekommen bin. Um etwa 6 Uhr kamen wir zurück am Zeltplatz an. Es bagann schon zu dämmern. Wir hauten uns nochmals aufs Ohr. Um neun Uhr machten wir uns auf den Rückweg. Wir hofften auf der Schutzhütte einen Rücktransport zum Nationalparkeingang zu finden - leider erfolglos. Also hieß es die restlichen 8 km auch noch hinunter zu gehen - was sich ja an und für sich nicht so schlimm anhört, aber mit dem ganzen schweren Gepäck und so gut wie null Schlaf war es sehr beschwerlich. Zu allem Überfluss begann es dann auch noch wie aus Eimern zu schütten. 

der Abstieg

Alpakas



Als ich am späten Nachmittag zurück in Riobamba bei Fausto ankam, hieß es für mich nur noch schlafen.

So sahen übrigens meine Zehen aus, als ich bei Fausto zu Hause aus meinen Bergschuhen schlüpfte


Everything happens for a reason

Tja, so enttäuscht wie ich auch bin, über diese weitere fehlgeschlagene Besteigung - da ich diesmal einfach so gut drauf und motiviert war - so weiß ich auch, dass es die beste Entscheidung war umzudrehen. Es gibt einen Spruch, der mir sehr gut gefällt, der heißt: "Everything happens for a reason" (= Alles passiert aus einem Grund). Auch wenn uns die Gründe im Moment oft nicht klar scheinen, bin ich mir sicher, dass alles was uns so geschieht, einfach so geschehen hätte müssen. Und manchmal möchte uns das Leben damit einfach Geduld lernen, oder mit Misserfolgen umzugehen. Außerdem haben die Berge und das Wetter eine enorme Gewalt, die wir Menschen nicht beeinflussen können - und das ist auch gut so. 
Und zuguterletzt kann ich nun stolz drauf sein, dass ich zum ersten Mal auf 5.100m mitten im Schnee gecampt habe - das kann immerhin auch nicht jeder von sich behaupten.







Mittwoch, 22. März 2017

Die heißen Thermalquellen von Papallacta

By On März 22, 2017

Mein Geburtstag begann wirklich wunderschön - ich hatte mich soeben an den Frühstückstisch im Hostel gesetzt, da überraschten Aaron und Blanca mich mit einem selbstgebackenen Geburtstagskuchen. Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet. Ich genoss dieses leckere Frühstück gemeinsam mit Jessica. Ich weiß gar nicht, ob ich euch dieses liebe Mädel schon einmal vorgestellt habe. Auf alle Fälle sind wir gleich alt, beide Krankenschwestern und beide lieben wir verrückte Dinge. Wir waren also seit unserer ersten Begegnung total auf einer Wellenlänge. Jessica kommt übrigens aus den Vereinigten Staaten, macht dzt Freiwilligenarbeit hier in Ecuador und wohnt im selben Hostel wie ich.

Auf nach Papallacta 

Die Sonne strahlte heute zur Abwechslung wieder einmal vom Himmel. Wir beschlossen nach Papallacta, einem ca 67 km entfernten Dörfchen von Quito zu fahren. Es liegt auf knappen 3.300 m zwischen einigen Vulkanen und gilt als das Tor zum Amazonasgebiet. Das Besondere hier sind vor allem die heißen Thermalquellen. Das heiße Quellwasser sprudelt in dieser Gegend aus unzähligen Quellen an die Oberfläche. Natürlich wurden diese genutzt, und deshalb findet man in der Gegend auch unzählige Thermalbecken. 

Der bekannteste Komplex davon ist wohl "Termas de Papallacta", dafür aber auch der teuerste mit einem Eintritt von 8,50 USD. Aber wir dachten, dass man sich zum Geburtstag auch einmal etwas gönnen darf.
Zuerst ging es zum Busterminal Quitumbe. Dort findet man Busse, die nach Papallacta fahren. Die Fahrt zieht sich leider ins Unendliche. Auf der Karte scheint der Ort ja wirklich gleich neben Quito zu sein, doch ihr habt bestimmt schon mitbekommen, dass diese Bergstraßen hier unbedingt förderlich für rasches Vorankommen sind. Knappe vier Stunden später kamen wir endlich an. Vom Busstopp bis zu den Thermalquellen sind es etwa 20 Minuten bergauf zu gehen. 

Jessica und ich angekommen im Bergdorf Papallacta 

Blick auf Papallacta 

Wandern in Papallacta 

Die Gegend hier eignet sich perfekt zum wandern. Direkt von den Thermalquellen aus führen unzählige Wanderwege in Richtung Berge bzw einem wunderschönen Fluss entlang. Da das Wetter einfach traumhaft war, beschlossen wir erstmals den Fluss entlang zu wandern. Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, so schön ist die Gegend dort.












Gegen 15 Uhr gönnten wir uns eine leckere Forelle mit Shrimps - der Fisch schmeckte vorzüglich.

Die Thermalquellen von Papallacta 

Mittlerweile war die Sonne hinter einer dicken Wolkendecke verschwunden und es wurde recht kühl. Der perfekte Zeitpunkt also für die Thermalquellen. Wir verbrachten drei richtig angenehm relaxte Stunden dort. Die Pools haben alle verschiedene Temperaturen - von richtig heiß bis kalt ist alles mit dabei. Letztendlich war ein absolut gelungener Gesburtstags-Tag. Bloß aus unserem Vorhaben später noch auf einen Drink zu gehen wurde nichts mehr - tja, mittlerweile merke ich meine 29 Jahre bereits 😂












Freitag, 17. März 2017

Gescheiterte Besteigung des Chimborazo 6.310 m

By On März 17, 2017

Mittwoch, 15.03.2017, 12:30

Angekommen auf der Hermanos Carrel Schutzhütte auf 4.800 m Seehöhe. Das Wetter sieht leider - wie vom Guide recht optimistisch formuliert - "mittelschlecht" aus, was heißen soll, dass es seit gestern schneit. Gestern Nacht stand ich dann vor der Entscheidung ob ich Ñato, meinem Guide, absagen sollte oder nicht. Letztendlich entschied ich mich es zu wagen, soll der lieb Gott oder das Schicksal entscheiden, ob es sein sollte oder nicht. Es wäre natürlich unheimlich viel Geld, das draufgehen würde, aber nun habe ich schon einmal alles vorbereitet und deshalb möchte ich es auch durchziehen. Ursprünglich wollten wir die guten zwei bis drei Stunden vom Nationalparkeingang des Chimborazo bis zur Schutzhütte wandern, doch aufgrund des Schneeregens und unserem doch recht beträchtlichen Gepäckes entschieden wir uns dann doch dagegen. Immerhin schleppe ich nun Pickel, Steigeisen, Schlafsack, riesige Bergschuhe, jede Menge Klamotten, literweise Wasser und Essen in meinem Rucksack durch die Gegend. Also ging es von Riobamba bis zum Nationalparkeingang mit dem Bus (1,50,-/Person). Danach heuerten wir den Nationalparkwächter an, der uns für 10 USD zur Schutzhütte Hermonas Carrel brachte. Die Landschaft dorthin ist recht karg und steinig. Einige wilde Alpakaherden grasten am Wegrand. Weiter oben verwandelte sich der Regen bereits in Schneefall. Auf der Schutzhütte war zu meinem Erstaunen einiges los, es ist nämlich jedermann möglich hier mit dem Auto hochzufahren. Doch bis jetzt scheinen wir die einzigen zu sein, die mit der Absicht einer Gipfelbesteigung hier sind, was uns jede Menge Bewunderung der anderen Gäste einbrachte. Wir bezogen also unser Bettenlager in der Schutzhütte.




Mittwoch, 15.03.2017, 15:30

Schneefall hat zugenommen. Ich habe nun ernsthafte Befürchtungen, dass eine Gipfelbesteigung nicht müglich sein wird. Ñato versucht mich positiv zu stimmen. Ich bin gerade zur zweiten Schutzhütte, dem "Refugio Whymper",  das auf etwa 5.000 m liegt hinaufspaziert, um mich erwas zu akklimatisieren. Diese Schutzhütte ist im Moment geschlossen.



die Hermanos Carrel Schutzhütte


Mittwoch, 15.03.2017, 18:00

Ich habe nun mit Ñato zu Abend gegessen. Zwei weitere Personen sind auf der Hütte angekommen, die die Gipfelbesteigung wagen möchten. Eine junge Brasilianerin mit ihrem Guide Santiago, mit dem ich zufälligerweise schon einmal Bekanntschaft gemacht habe. Ich hatte ihn nämlich gefragt ob er mein Guide sein könnte, letztendlich brachen wir den Kontakt mit einer kleinen Diskussion ab, da wir uns über den Preis nicht einig wurden. Er schien mir nun aber recht wohlgesinnt. Die Brasilianerin scheint vorher nicht im Geringsten darüber aufgeklärt worden zu sein, dass man sich für einen solchen Berg ausgiebig akklimatisieren muss, außerdem sind ihr Steigeisen und Pickel komplett fremd - da bin ich schon gespannt. Plötzlich rief uns Santiago, der Schneefall hätte wohl gestoppt und es herrsche strahlender Sonnenschein. Alle vier standen wir vor der Hütte und hatten nun einen traumhaften Blick auf den Chimborazo - das erste Mal sehe ich diesen imposanten Berg.

Der Chimborazo entstand anscheinend aus den Resten von zwei alten Vulkanen und besitzt fünf Gipfel. Mit seinen 6.310m ist er der höchste Berg des kleinen Andenlandes Ecuador und überwindet auch als einziger die 6.000 m. Aufgrund der Erdkrümmung, die im Äquatorbereich am größten ist, galt er auch einige Zeit als das Dach der Welt, denn sein Gipfel ist vom Erdmittelpunkt weiter entfernt als der 8.848 m hohe Mount Everest. Der sagenumwobene Berg wurde 1802 erstmals vom Berliner Alexander von Humbolt versucht - er erreichte damals eine Höhe von 5.900m (ungefähr so weit kam ich auch) - und 84 Jahre später vom Engländer Eduard Wymper (Erstbesteiger des Matterhorns) in Begleitung seiner italienischen Bergführer J. Antonio Carrel und Luis Carrell erstbestiegen.

Ein Stahlen machte sich über meinem Gesicht breit, endlich bestand Hoffnung. Wir genossen diese wunderschöne Abendstimmung. Nun liege ich bereits im Bett und hoffe ich kann ein wenig schlafen bis 22 Uhr.


endlich konnten wir unser Ziel sehen: den Chimborazo

Ñato und ich

Ich, Ñato, Santiago und die Brasilianerin


Hermano Carrel Schutzhütte


Mittwoch, 15.3.2017, 23:10

Leider konnte ich nicht wirklich schlafen. Ñato scheint auch nicht besonders gut drauf zu sein und klagt über Kreuzschmerzen. Wir labten uns mit einer Nudelsuppe. Ñato riet mir so gut wie alles was ich habe anzuziehen. Ich schwitzte ordentlich in dem ganzen Zeugs. Nun folgten die außerordentlich schweren Höhenbergschuhe mit inkludierten Gamaschen. Weiters die Sturmhaube, der Helm (es herrscht hohe Steinschlaggefahr vor allem im ersten Part der Tour) und der Klettergurt fürs Seil. Der auch nicht allzu leichte Rucksack mit jeder Menge Wasser, Kokablättertee (soll gut gegen Höhenkrankheits-Symptome helfen), den Steigeisen und noch mehr warmer Kleidung wurde umgeschnallt. Um kurz nach 23 Uhr starteten wir.

mein Equipment: Höhenbergschuhe, Helm, Klettergurt, Pickel


Donnerstag, 16.03.2017, 7:30 Uhr

Mit starken Kopfschmerzen und und leichter Übelkeit kamen wir vor ein paar Minuten zurück in der Schutzhütte an. Besteigung des Chimborazo gescheitert. Aber von nun von Anfang an.

Wir starteten also um kurz nach 23 Uhr. Die Nacht war sternenklar und wir brauchten anfangs  nicht einmal die Stirnlampe, da der Mond für ausreichend Licht sorgte. Perfekt also. Jeder einzelne Schritt war anstrengend, dafür war wohl die Kombination aus dem schweren Equippment und der dünnen Luft Schuld. Santiago und die Brasilianerin folgten uns. Ñato ging recht zügigen Schrittes voran. Ich beschloss ihm, in einem für mich angenehmen Tempo zu folgen. Hatte keine Lust bereits nach zwei Stunden aufgeben zu müssen. Ñatos Stimmung schien mir etwas komisch. Er redete kein Wort. Irgendwie überkam mich das Gefühl,  dass er gar nicht besonders motiviert war, den Gipfel zu erreichen. Ich hatte ja schon einmal erwähnt,  dass es solche Guides gibt, die ihren Klienten gleich am Anfang müde zu machen versuchen, damit man freiwillig aufgibt. Aber ich ließ mich davon vorerst nicht beirren. Wir kamen an der zweiten Schutzhütte vorbei und später an einer kleinen Lagune. Nach etwa zwei Stunden war es soweit und wir mussten die Steigeisen anlegen. Ich fragte Ñato ob er mir ein wenig helfen könnte. Daraufhin fuhr mich dieser an, ob ich denn nicht einmal wüsste wie das geht. Außerdem würde ich viel zu langsam gehen und er sei sich nicht sicher ob wir den Gipfel erreichen würden. Aber hallo, jetzt reichts aber. Ich versuchte ruhig zu bleiben und erklärte ihm, dass er mein Guide sei und dass ich so schnell gehe wie es für mich okay ist und er habe sich gefälligst danach zu richten. Und dass ich nun weiß, dass er gar nicht vor hat den Gipfel mit mir zu erreichen - ups, das war wohl etwas viel, aber das musste jetzt einfach raus. Ich war den Tränen nahe, denn ich hatte wirklich das Gefühl, dass der Typ mich um meinen Gipfelsieg bringen möchte. Körperlich fühlte ich mich nämlich noch topfit. Ñatos Stimmung änderte sich schlagartig. Er umarmte mich und meinte es tue ihm sehr leid, wenn ich dieses Gefühl hätte, aber das sei natürlich nicht im Geringsten so.

Er nahm mich nun ans Seil und weiter gings. Ñatos schien nun etwas besser drauf zu sein. Ich versuchte nun schneller zu gehen. Es ging steil nach oben bis zum "El Castillo", einer Felswand auf 5.400 m. Ich fühlte mich weiterhin gut, nahm jedoch vorsorglich eine Ibuprofen Schmerztablette ein, wozu mir ein Freund aus Quito, der den Chimborazo schon mehrmals bestiegen hatte, riet. Auf einer solchen Höhe kann sich der Körper auch nach ausreichender Akklimatisierung nicht mehr zu 100% anpassen. Und ich wollte nicht wegen starken Kopfschmerzen umdrehen müssen. Eigentlich sollte ich viel trinken, mir fehlte aber derzeit jedes Durstgefühl und meine Blase spielte sowieso schon verrückt. Bereits zweimal mussten wir anhalten, weil ich Pipi machen musste, was gar nicht so einfach ist mit Klettergurt und wenn man am Seil ist. Ich befahl Ñato nicht zu gucken, obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, ob er sich daran gehalten hatte. Ñato befahl mir nun zu trinken, ich würgte daraufhin wenige Schlücke des Koka- Tees hinunter. Nun kam die Schlüsselstelle. Eine steile Felswand, die leicht schnee- und eisbedeckt war. Ñato zuerst. Als ich ihn mit Pickeleinsatz diese beängstigende Wand hochklettern sah, wurde mir ganz anders. Nun war ich an der Reihe. Ñato sicherte mich. Ich fragte ob ich mich am Seil festhalten könnte, woraufhin er mich fragte ob ich denn wahnsinnig sei, er hätte dieses nur mit dem Pickel gesichert. Zum Festhalten gab es also nicht viel. Ich schlug den Pickel fest in den Schnee. Nur nicht nach unten schauen. Oben angekommen, glaubte ich es kaum, dass ich das geschafft hatte. Wie ich da jemals wieder runter kommen sollte war mir ein Rätsel, aber daran wollte ich derzeit gar nicht denken. Diese Aktion erforderte unglaublich viel Kraft. Ñato lobte mich das erste Mal. Außerdem hätten wir nun die Stelle überwunden, wo die meisten umdrehen würden. Ich war richtig stolz auf mich. Der Schnee wurde nun tiefer - etwa bis zum Knie - und plötzlich war jeder Schritt unheimlich anstrengend. Nach ungefähr jedem dritten Schritt musste ich kurz stoppen. Die Luft war unwahrscheinlich dünn und mein Puls raste. Wieder musste ich pinkeln. Zum Glück schien Ñato nicht besonders genervt davon. Es ging schleppend voran. Plötzlich meinte Ñato, dass er glaube wir würden es nicht mehr schaffen. Wir könnten es uns nicht leisten nach 7 Uhr morgens am Gipfel zu sein, da durch den Neuschnee höchste Lawinengefahr bestehe. Aufgrund des tiefen Neuschnees war ein rasches Vorankommen für mich aber unmöglich. Ich fühlte mich komplett benebelt von der Höhe und tat mir schwer klar zu denken. Ich erklärte ihm, dass es doch bestimmt erst 2 Uhr morgens sei, und wir doch noch genügend Zeit hätten. Er erwiderte, es sei schon nach vier. Was? Ich schaute auf mein Handy, und siehe da er hatte recht. Wie gibt es das denn bloß? Ich musste mich in den Schnee setzen. Ñato meinte, ich solle alle meine Kraft zusammen nehmen. Ich richtete mich auf und weiter ging es - drei Schritte, dann musste ich mich wieder setzten. Mein Kopf wollte weiter, aber mein Körper funktionierte nicht mehr so wie ich wollte. Ich begann wirres Zeugs zu reden, an das ich mich nicht mehr genau erinnern konnte. Ñato meinte ich sollte trinken. Ich wollte bzw konnte aber nicht. Mir standen Tränen in den Augen und mir wurde klar, dass wir es nicht mehr schaffen werden. Wie hoch sind wir? - fragte ich Ñato. Er meinte auf etwa 5.800 m. "Versuch noch ein kleines Stücken weiter" - meinte Ñato - "dann wird es etwas flacher". Ich nahm alle meine Kräfte zusammen und so ging es nun ein Weilchen weiter, drei Schritte - niedersetzen - drei Schritte - niedersetzen. Irgendwann war es aus, es ging einfach absolut gar nichts mehr. Es stand also fest, wir werden umkehren. Ich machte Ñato den Vorschlag, dass wir doch noch ein wenig hier warten könnten, um wenigstens den Sonnenaufgang zu sehen. Wir befanden uns mittlerweile auf fast 6.000 m Höhe. So nah am Ziel und doch so fern. Ñato meinte, dass wir im derzeitigen Tempo sicher noch so um die 4 Stunden brauchen würden. Und es war bereits 5:30 Uhr. Wir setzten uns in den Schnee. Bereits nach wenigen Sekunden begann ich stark zu frieren. Ein eisiger Wind wehte und trotz meiner ganzen Klamottenschichten fror ich abartig. Wir gruben mit unseren Pickeln eine Art Mulde in den Schnee und saßen eng aneinandergekuschelt dort.

hier auf knappen 6.000 m machten wir kehrt

wenigstens konnte ich noch ein wenig lachen

Ñato beim Bauen unserer Schneemulde


Ich konnte die Kälte plötzlich nicht mehr aushalten und irgendwie wurde mir etwas schwindlig. Zurück also. Das war leichter gesagt als getan. Mein Körper fühlte sich elends schlapp an. Nun begann ich auch starkes Kopfweh in Verbindung mit Übelkeit zu entwickeln. Ich hatte ständig das schreckliche Gefühl mich übergeben zu müssen. An das Passieren der Schlüsselstelle kann ich mich nicht mehr genau erinnern, ich weiß nur noch, dass ich wirklich Todesängste durchstand und dass Ñato mich danach wieder stark lobte, dass ich technisch wirklich sehr gut seie. Der Weg zur Hütte war eine Qual. Dort angekommen um kurz nach sieben fiel ich sogleich wie tot ins Bett.

der Rückweg



Donnerstag, 16.03.2017, 14:00 Uhr

Nachdem Ñato und ich zwei Stündchen geschlafen hatten, packten wir unsere Rucksäcke. Meine Kopfschmerzen waren immer noch schrecklich. Wie wir erfuhren drehten Santiago und die Brasilianerin bereits nach zwei Stunden um - der Schnee war ihnen einfach zu gefährlich und die Brasilianerin hatte nicht die nötige Erfahrug. Ñato und ich machten uns auf den Rückweg. Santiago lief mir noch nach und erklärte mir, er würde mich gerne auf eine erneute Chimborazo Besteigung einladen. Na was ist denn da los? - Zuerst wollte er von seinem überteuerten Preis nicht runter und plötzlich ein solches Angebot. Tja, das passiert wenn Latinos blonde Frauen sehen. Aber gut, vielleicht werde ich auf das Angebot zurück kommen. Mittlerweile bin ich wieder bei Fausto zu Hause. Dort bin ich auch sogleich ins Bett gefallen und möchte nun auch nur noch schlafen. Die Kopfschmerzen sind weiterhin stark, die Übelkeit ist Gott sei Dank weg.


unsere Route: etwa bis zur roten Markierung kamen wir



Tja und nun bin ich mittlerweile wieder in Quito, mir gehts wieder blendend, nachdem ich bei Fausto ungefähr 14 Stunden durchgeschlafen hatte. Ich bin zwar sehr enttäuscht, dass die Besteigung fehlgeschlagen ist aber andererseits auch so unheimlich stolz, dass ich es auf knappe 6.000 m geschafft habe - das kann immerhin nicht jeder von sich behaupten. Und deshalb bereue ich das Ganze auch ganz und gar nicht. Es war auf jeden Fall eine unvergessliches Abenteuer. Ob ich es nun geschafft hätte, wenn weniger Schnee gewesen wäre ? - ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Vielleicht ja, da wir immerhin keinen Zeitstress wegen Lawinengefahr gehabt hätten. Aber wie auch immer, anscheinend war meine Akklimatisation auch nicht 100%ig perfekt, da mir am Ende, die Höhe doch auch ordentlich zu schaffen machte.  Aber vielleicht auf ein Neues ;)