Zwischen Possums, Aal-Attacken und Alien-Theorien
Einblick in eine Welt voller Kuriositäten
Am Dienstag Vormittag kam ich bei meinem Couchsurfing Gastgeber John in Whanganui an. Ein facettenreicher junger Mann mit ungewöhnlichen Weltansichten: Er erzählt mir von der flachen Erde, von Bergen, die Überreste antiker Riesenbäume sein sollten und Alien Begegnungen. Nebenbei jongliert er als ITler, Imker, Pilot, DJ und spielt in einer Band – ein echtes Multitalent. Wie man sich vorstellen kann, hatten wir in den kommenden Tagen viele tiefsinnige Gesprächsthemen, die zum Denken anregten.
Wandervorbereitungen
John zeigte mir sein kleines Häuschen mit Garten, wo er allerhand Obst und Gemüse anbaut. Wir machten dort nur einen kurzen Halt, um unsere sieben Sachen für die geplante 4-tägige Wanderung im Kaweka Forest zu packen. Mit einem jeweils etwa 14kg schweren Rucksack sollte es losgehen. Man muss dazu sagen, dass dieses Gewicht auch Zelt und sämtliche Campingausrüstung inkludierte. Es folgte noch ein weiterer Stopp bei seinen Bienenstöcken, um zu sehen ob alles in Ordnung war.
Zwischenstopp in der River Valley Lodge
Da der Weg bis zum Startpunkt der Wanderung recht lang war, machten wir eine Nacht Zwischenstopp in der abgelegenen River Valley Lodge in der Nähe von Taihape, welche am Ufer eines malerischen Flusses liegt - ein richtiges Paradies! Ein weiteres Highlight ist der Hot Pool, von dem aus man Ausblick auf einen Wasserfall hat. Als wir dort gerade den Tag gemütlich ausklingen lassen wollten, nahm das ganze eine unerwartete Wendung: Ein Possum erleichterte sich vom Baum herab direkt in unseren Pool. Die Biester sind wirklich überall. Sobald es dunkel wird kommen sie aus ihren Löchern hervor und treiben ihr Unwesen.
Ich beschloss dann noch - entgegen Johns Warnung - mich für ein nächtliches Bad in den Fluss zu wagen. Die idyllische Nachtstimmung nahm jedoch durch meinen eigenen Aufschrei ein jähes Ende. Es hatte mich tatsächlich ein Aal in den Zeh gebissen. Auch von diesen Untieren gibt es in den Flüssen hier mehr als genug. Hätte ich das im Vorhinein gewusst, dann hätte ich mir dieses nächtliche Abenteuer wahrscheinlich erspart.
Die River Valley Lodge liegt an diesem malerischen Fluss |
Abenteuer im Kaweka Forest
Am nächsten Morgen hatten wir eine weitere zweistündige Fahrt vor uns, bis wir schließlich den Kaweka Forest erreichten. Am Parkplatz trafen wir auf einen mysteriösen Wanderer, der uns vor dem gefährlichen Track warnte. Da er diesen dermaßen dramatisierte beschlossen wir kurzerhand unsere ursprünglich geplante Route etwas abzuändern. Zudem sah die Wettervorhersage für die nächsten Tage leider nicht so prickelnd aus. Wir starteten bei bewölktem Himmel, später setzte leichter Regen ein. Glücklicherweise erreichen wir unser Nachtlager, die Mackintosh Hut, vor Einbruch der Dunkelheit. Wir hatten Glück, denn wir waren die einzigen Gäste in der Selbstversorgerhütte. Wir heizten die Feuerstelle an und kochten Tee und Abendessen. Zudem mussten unsere nassen Schuhe und Kleider getrocknet werden.
Mackintosh Hut |
Possum-Jagd
Ich habe mich schon lange gefragt, warum niemand die Possums in Neuseeland isst, wenn diese doch so eine schlimme Plage sein sollten. Da ich den Grund noch nicht herausgefunden hatte, erzählte ich John von meinem Traum einmal ein Possum erlegen und essen zu wollen. Normalerweise werden die Tiere nur zu Hundefutter verarbeitet. Es ist jedoch Vorsicht geboten, da etwa 2% der Tiere mit Tuberkulose infiziert sind. Wenn das Fleisch aber ausreichend erhitzt wird, dann werden auch sämtliche Bakterien getötet. Wir hatten also eine Possumfalle dabei, die wir vor der Hütte aufstellten. John warnte mich vor, dass es mitten in der Nacht sein könnte wenn ein Possum in die Falle tappt. Dann müssten wir natürlich aufstehen und es aufarbeiten. Bereits bei Einbruch der Dunkelheit sahen wir mindestens drei dieser Unruhestifter, jedoch waren sie alle schlau genug nicht in die Falle zu treten. Wir gingen also schlafen. Irgendwann mitten in der Nacht wurde ich durch einen unglaublichen Krach jäh aus dem Schlaf gerissen. Als ich aus dem Fenster schaute, sah ich wie John gerade wie ein Verrückter mit einem Holzstück auf ein Possum einschlug. Das Ganze hatte irgendwie etwas von einer Horrorfilm-Szene. Ich quälte mich aus dem Bett. Wie ich erfuhr hat das mit der Falle leider nicht geklappt, weshalb John kurzerhand beschlossen hatte, das Possum eigenhändig zu erlegen. Verwunderlicherweise ist ihm das tatsächlich gelungen. Die Aufarbeitung des Tieres dauerte seine Zeit. Wir zogen das Fell ab, schnitten die Innereien heraus und ließen es über Nacht aushängen.
Die Possum-Falle. |
Leider zwang uns das schlechte Wetter am nächsten Tag die Wanderung vorzeitig zu beenden. Somit wurden aus den geplanten vier Tagen nur zwei.
Sandfliegenattacke
Entspannte Tage in Whanganui
Die nächsten Tage verliefen recht entspannt. Ich musste sowieso erst einmal etwas Schlaf nachholen. Ansonsten half ich John im Garten, wir bereiteten eingelegtes Gemüse aus seinem Garten zu, brauten Bier und sammelten Muscheln am Strand, welche zu leckeren Meeresfrüchte-Spaghetti verarbeitet wurden. Zuguterletzt standen noch Besuche bei seinen zwei Omis am Plan.
Relaxen im Garten |
Eingelegte Gurken |
Eine typische Kiwi-Mahlzeit: Fisch & Chips, dazu selbstgebautes Bier |
Abenteuerliche Tage in der Wildnis mit einigen tierischen Attacken und vielen spannenden Gesprächen neigen sich nun wieder dem Ende zu.
Mit all diesen skurrilen Erlebnissen im Gepäck geht es für mich weiter auf eine Milchfarm in Rotorua, wo ich die nächste Woche mit Kühe melken und Traktor fahren verbringen werde.
Praktische Infos:
- Wenn man in den sogenannten DOC-Hütten übernachten möchte, muss man sich im Vorhinein Coupons besorgen, welche man dann in die Kassa der Hütten wirft. Ein Coupon kostet 10 NZD (= 5,70 €). In den Selbstversorgerhütten sind Matratzen vorhanden. Schlafsack muss mitgebracht werden.