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Mittwoch, 12. Juli 2017

Schreckliche Korruption der Polizei in Bolivien



Fortsetzung von => "Polizeifestnahme am frühen Morgen" <=


Ernst im Gefängnis

Meine Recherchen im Internet, Freunde von Ernst aufzutreiben, die hier leben, waren leider nicht sehr erfolgreich.

Ich machte mich heute gleich nach dem Aufstehen auf zum Gefängnis in Copacabana, um Ernst zu besuchen. Zum Glück durfte ich ihn persönlich sehen. Naja, mehr oder weniger - die kleine Stahltüre hatte bloß einen minkleinen Schlupf durch den ich den Armen sehen konnte. Er war in einer minikleinen Zelle ohne Licht, ohne Essen, ohne Wasser, ohne Klo, ohne irgendwas. Das Einzige was er hatte, war eine Plastikflasche zum hineinurinieren und eine viel zu dünne Matratze am Boden. In der Nacht hat es hier um die -6°C. Ernst hatte also unvorstellbar gefroren. Wieder standen mir Tränen in den Augen, als ich mit ihm sprach. Zum Glück durfte ich ihm Frühstück bringen. Wir baten die Polizei um ein Handy von Ernst, damit er wenigstens seine Freunde oder seinen Anwalt anrufen könnte. Sie lehnten jedoch ab. Unglaublich! Leider kennt Ernst nicht viele Leute hier. Er meinte ich sollte im Ort nach einem Anwalt suchen, es gäbe eine Straße, wo ein paar davon ihr Büro hätten. Sehr gut. Außerdem würde ein amerikanisches Missionarsehepaar (Jeff und seine Frau) hier leben, mit denen er gut befreundet wäre, da er immer wieder bei ihnen im Café frühstücken würde.

Hilfe von einem amerikanischen Ehepärchen und Daisy

Gut, zuerst machte ich mich auf die Suche nach den Anwaltbüros. Leider waren alle geschlossen und auch telefonisch konnte ich niemanden erreichen. Dann weiter zum Café des amerikanischen Ehepaars. Auch diese hatten Ruhetag, aber wie es der Zufall so wollte, waren sie gerade dort, um etwas aufzuräumen. Ich erzählte ihnen die Geschichte. Die beiden waren aufs Äußerste geschockt und erklärten sich natürlich sofort dazu bereit zu helfen.

Wir versuchten nochmals irgendwie einen Anwalt zu erreichen, leider vergebens. Sie meinten, wir müssten unbedingt eine bolivianische Person finden, die Ernst gut kennt, da wir Ausländer von der Polizei sowieso nicht für voll genommen werden. Das war auf alle Fälle ein guter Plan. Vor zwei Jahren hatte Ernst immerhin hier in Copacabana gewohnt, also musste es doch ein paar Leute geben, die ihn kennen und unterstützen könnten. Jeff erinnerte sich, dass Ernst zwei Jahre in Untermiete bei einer sehr angesehenen Frau im Ort lebte. Sie heißt Daisy und besitzt mehrere Hotels hier.

Jeff telefonierte mit Daisy, diese meinte wir sollten sogleich bei ihr vorbeikommen. Daisy schien mir von Anfang an super sympathisch. Auch sie erklärte sich sofort bereit, Ernst zu helfen, da auch sie genau weiß, dass er der gutmütigste Kerl überhaupt ist.

Zu viert machten wir uns auf zur Polizei. Diese staunten nicht schlecht, als sie plötzlich sahen, dass Ernst Freunde hat. Sie schienen auch Daisy zu kennen. Und siehe da, plötzlich sah das Ganze nur noch halb so wild aus. Daisy fragte, was hier eigentlich abginge und dass sie mit hundert prozentiger Sicherheit sagen kann, dass Ernst weder Drogen- noch Frauenhandel betreiben würde. Die Polizei lächelte verschmitzt und meinte, dass das doch noch gar nicht gesagt sei. Diese Lügner! Wut stieg in mir hoch, aber ich verkniff mir jegliche Kommentare. Hauptsache wir schaffen es, Ernst irgendwie frei zu bekommen.

Am Nachmittag trafen wir uns alle zu einer erneuten Vernehmung. Jeff und Daisy waren mit dabei. Zu meinem Erstaunen waren auch Alejandra, ihre Mama und ihre Tante dort. Das machte mir etwas Angst, da die Polizei gestern behauptet hatte, dass Alejandra angab, dass Ernst sie verwegaltigt hatte. Das war natürlich völliger Blödsinn, da das Mädel bei mir im Haus schlief und auch sonst nie mit ihm allein war. Außerdem hat Alejandra eine eindeutige psychiatrische Erkrankung und sagt alle paar Minuten etwas anderes. Einmal behauptete sie, sie würde Medizin studieren, das nächste Mal war es dann doch Architektur. Man konnte ihr sozusagen alles einreden. Und wenn ihre Familie ihr jetzt irgend etwas Schlechtes einreden würde, dann wäre das eine Katastrophe.

Doch ich täuschte mich. Ihre Mama und ihre Tante waren supernett. Sie bedankten sich sowohl bei mir als auch bei Ernst herzlich, dass wir so gut auf das Mädel aufgepasst und sie verköstigt hatten. Als ich die Mama fragte, wie lange Alejandra von zu Hause weg wäre, meinte diese 10 Tage. Vielleicht könnt ihr euch erinnern, dass mir die Polizei gestern weismachen wollte, dass Alejandra bereits seit Jänner vermisst sei und sie sich sicher wären, Ernst hätte sie im Keller gehabt. Alles Lügen! Alles Lügen,  um einen Grund zu haben, Ernst ins Gefängnis zu stecken. Mein Hass auf diese Polizei wuchs immer mehr. Die Nettigkeit von Alejandras Familie konnte ich mir zum einen so erklären, dass sie sich einfach nicht irgendwelche Unannehmlichkeiten einbrocken wollten. Immerhin hatte ihre Tochter ein Haus angezündet und Ernst ist für den ganzen Schaden aufgekommen. Zum anderen glaube ich, dass sie wirklich liebe Leute sind.

Die ganze Vernehmung zog sich wie immer ins Unendliche. Ernst wurde irgendeine Anwältin zur Verfügung gestellt, die ihr Büro hier in der Polizeiwache hatte - das stimmte mich wieder etwas stutzig. Dann mussten Jeff und Daisy für Ernst bürgen (soweit ich alles richtig verstanden hatte) und somit war dieser wieder frei. Wow, ich konnte es gar nicht glauben!

Korruption ohne Ende

Die Vernehmung war beendet. Alle gingen nach Hause und Ernst musste noch die ihm zugeteilte Anwältin zahlen. Nun musste ich aber doch nachfragen, was mit den Wertsachen (3 Laptops, 2 Mopeds, Handy, Geldtasche) von Ernst passieren würde. Die Sachen sollten sie nun eigentlich zurückgeben. Der kleine Polizeibeamte wurde sichtlich nervös und begann irgendetwas von bolivianischem Gesetz zu schwafeln. Na jetzt reichte es aber. Ich erklärte ihm, dass ich bereits seit zwei Jahren um die Welt reise und dass es nirgends auf der ganzen Welt so ein Gesetz gebe, dass einem Unschuldigen von der Polizei die Wertsachen gestohlen werden. Dann rutschte mir auch noch das Wort "Korruption" raus. Das war zuviel. Der vorher so nette Polizeibeamte war nun alles andere als nett. Er verlor völlig die Besinnung und begann irgendetwas herumzuschreien. Leider ist mein Spanisch nicht so perfekt, dass ich das alles verstehen konnte.

Ernst, der neben mir saß, begann zu schwitzen und zischte mir ins Ohr ich sollte mich beruhigen, denn er möchte nicht nochmals ins Gefängnis. Da hatte er natürlich recht. Und da ich auch selbst illegal im Land bin, durfte ich mir jetzt wirklich nicht zuviel erlauben. Es ist nur so, dass mich diese Ungerechtigkeit und diese schreckliche Korruptheit hier sehr böse macht. Und ich sollte morgen doch Bolivien verlassen, aber andererseits ist es mir auch sehr wichtig, dass die Sachen von Ernst nicht einfach verschwinden.

Der Polizist stürmte mit hochrotem Kopf aus dem Büro. Ich konnte hören, wie draußen getuschelt wurde. Es war nun schon spät. Ernst und ich beschlossen zu gehen und morgen einen Anwalt und eventuell die Botschaft zu kontaktieren, falls sie die Sachen nicht freiwillig zurückgeben. Liebenswürdigerweise händigten sie uns wenigstens das Handy und die Geldbörse von Ernst aus. Wie wir später feststellten fehlten 100 Bolivianos in seiner Geldtasche. Wirklich traurig, was hier so abgeht. Mal sehen, was der morgige Tag bringt. Ernst wird die Nacht heute, auch hier in einem Hostel verbringen, denn zurück in sein Dorf kann er keinesfalls.



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