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Donnerstag, 27. Januar 2022

Sindo - Ein kleiner Fischerort am Viktoriasee


Sindo, Kenia

Ich verließ Mfangano Island mit dem Water Bus (Wasserbus), welcher eindeutig komfortabler ist, als diese maßlos überladenen Holzboote, in denen man sich tatsächlich um sein Leben fürchten muss. Die sechs Tage auf der Insel habe ich wirklich sehr genossen. Schade nur, dass das Ganze ein etwas komisches Ende hatte. 

Warum ich Couchsurfing so liebe...

Nichtsdestotrotz bin ich weiterhin gerne über Couchsurfing unterwegs. Die positiven Erlebnisse überwiegen nämlich ganz klar. Zudem kann man ansonsten schwer solch authentische Erfahrungen machen. Je einfacher die Lebensumstände, desto interessanter ist es für mich. Ich liebe es den Alltag solcher Menschen live miterleben zu können. Vor allem, weil ich ja aus einer komplett anderen Welt komme, wo wir alles in absolutem Überfluss haben und dies großteils gar nicht zu schätzen wissen. Wie klein werden die Probleme von zu Hause plötzlich, wenn ich sehe mit welchen Herausforderungen die Menschen hier zu kämpfen haben. 

Angekommen bei einer Großfamilie in Sindo

Als ich mit dem Wasserbus in Mbita angekommen war musste ich mir ein Boda-Boda (Mopedtaxi) nach Sindo nehmen. Die Fahrt dauerte eine knappe Stunde und kostete 200 Ksh (=1,58€). Sindo liegt direkt am Viktoriasee und die Menschen leben - wie fast überall an der Küste - großteils vom Fischfang. Wie viele Einwohner der Ort hat, konnte ich leider nicht herausfinden, aber es wirkt eher ländlich hier. Ich vermute, dass sich nicht oft Touris hierher verirren 

Mein Gastgeber Victon holte mit einem strahlenden Lächeln vom Zentrum ab. Zu Fuß gingen wir zu ihm nach Hause. Er lebt mit seinen Eltern, ein paar Geschwistern (ingesamt hat er acht davon) und einigen derer Kinder gemeinsam in einem Haus. Das Grundstück scheint recht groß zu sein und im Garten war ordentlich was los: eine Horde kleiner Kinder spielte im Garten, umringt waren sie von Eseln, Kühen, Ziegen, Schafen, Hunden und Katzen. Victons Mama war gerade beim Wäsche waschen. Ich wurde von allen super herzlich empfangen und fühlte mich sofort sehr wohl in dieser herzlichen Großfamilie. Ich bekam ein gemütliches Bett in der Küche. Das Haus ist nur durch Teppiche in verschiedene Räume abgetrennt. Privatsphäre gibt es in solchen Unterkünften demzufolge nicht wirklich, aber das hat auch etwas Schönes und Familiäres. Mit den Eltern von Victon konnte ich mich nur mit Händen und Füßen verständigen. Sie sprechen nämlich kein Englisch, sondern ihre Stammessprache Luo und ein bisschen Swahili

Die kleine Natschi hatte anfangs ziemlich Angst vor mir, immerhin hat sie noch nicht so oft in ihrem Leben einen Muzungu gesehen. Mit der Zeit taute sich aber etwas auf. 

Matumbo

Victon fragte mich, ob ich ihm helfen würde das Abendessen vorzubereiten. Na klar! Als ich sah, um was es sich handelte bereute ich meine vorschnelle Zusage fast schon wieder. Er kam mit einer Schüssel voll mit den Gedärmen und Mägen einer Kuh an. Das Zeug sollten wir nun in kleine Stückchen schneiden. Im Darm waren noch Stuhlreste vorhanden, demenstprechend roch es auch. Es sollte also am Abend "Matumbo", ein heißgeliebtes Gericht der Kenianer geben. Ich hielt mein Versprechen natürlich ein und half Victon beim Zerkleinern von den Gedärmen und Mägen. 

Unser heutiges Abendessen: Die Mägen und Gedärme einer Kuh

Am Abend spazierte ich gemeinsam mit Victon und seinem Kumpel Young durch den Ort. Wir besuchten den lokalen Markt und genossen den Sonnenuntergang am Seeufer. 

Mein Gastgeber Victon und ich


Sonnenuntergang am Viktoriasee

Als mir dann am Abend das "Matumbo" serviert wurde, beschloss ich der Sache noch eine zweite Chance zu geben. Victon meinte nämlich, dass das "Matumbo", das ich damals in Kapkoi gegessen hatte, eventuell schlecht ausgewaschen oder nicht sonderlich gut zubereitet gewesen wäre. Vielleicht war da etwas Wahres dran. Im Endeffekt muss ich aber sagen, dass es mir nach wie vor schwer fiel das Zeug hinunterzubekommen - und vor allem dann nicht wieder hochkommen zu lassen. Der Geschmack ist einfach zu intensiv und erinnert mich auch im gekochten Zustand noch an Exkremente. Zudem ist die Konsistenz  sehr gewöhnungsbedürftig. 

Wasser holen am Viktoriasee

Das Haus von Victon und seiner Familie ist etwa drei Kilometer vom Viktoriasee entfernt. Fließend Wasser gibt es nicht. Sie müssen deshalb alle ein bis zwei Tage zum See gehen, um Wasser zu holen. Für so eine Großfamilie wird ziemlich viel davon gebraucht: Zum Kochen, zum Trinken, zum Wäsche waschen, zum Duschen, zum Tränken der Tiere, usw. Victon machte am Morgen ein Eselgespann mit einem Holzkarren fertig. Darauf wurden fünfzehn Kanister mit je 20 Liter Fassungsvermögen transportiert. Diese sollten am See aufgefüllt werden. Das macht dann 300 Liter. 

Victon beim Vorbereiten des Eselgespanns zum Wasser holen am See. 

Ich begleitete ihn dabei. Die Esel schienen den Weg schon zu kennen. Die Sonne brannte bereits jetzt am Morgen richtig stark vom Himmel. Am Ufer des Viktoriasees angekommen, waren bereits viele Menschen dort versammelt. Die meisten waren gerade am Auffüllen ihrer Wasserkanister, andere waren am Geschirr oder Wäsche waschen und wieder andere kamen mit ihren Fischerbooten zurück. Wie man sich vorstellen kann, ist das Wasser hier nicht das Sauberste bei dem ganzen Trubel. Aber das scheint niemanden zu stören, immerhin haben sie sowieso keine andere Möglichkeit. Von der Bilharziose einmal ganz zu schweigen. Aber das ist sowieso ein leidiges Thema. Als ich Victon darauf angesprochen habe, meinte er bloß, dass es diese Krankheit hier nicht gibt. Da sagen meine Recherchen zwar etwas ganz anderes, aber um mir darüber jetzt noch Gedanken zu machen ist es eh schon zu spät, immerhin war ich bereits zur Genüge mit dem Wasser in Kontakt. 

Was zusätzlich noch ein Problem darstellt, sind die Nilpferde, die sich auch gerne hier in Ufernähe aufhalten. Durch das trübe Wasser, werden sie oft nicht gesehen. Wie Victon mir erzählte, habe er schon sehr viele Freunde durch Nilpferdattacken verloren. 

Der Rückweg gestaltete sich vor allem für die Esel schwierig, immerhin hatten sie ein irrsinniges Gewicht zu ziehen. Victon und ich mussten immer wieder nachhelfen mit Schieben. Als wir zu Hause angekommen waren wurden die Tiere für den Rest des Tages freigelassen. Sogar das Gartentor bleibt tagsüber offen. All die Tiere können somit je nach Belieben ein- und ausgehen. Scheinbar wandern sie tagsüber gerne zum See hinunter oder streunen im Ort herum. Abends kommen sie von ganz alleine wieder zurück. So etwas wäre bei uns Zuhause undenkbar *lach*. 

Morgens ist am See viel los. Während die Frauen Geschirr und Wäsche waschen füllen die Männer die Wasserkanister auf. 



Nun war es Zeit für ein kleines Frühstück: Chai (Milchtee) und Bohnen. Danach wurde ein kleines Ziegenbaby, das seine Mama verloren hatte, mit der Flasche gefüttert. Unglaublich süß!


Der Rest des Tages verlief recht entspannt. Um die Mittagszeit wurde es sowieso so heiß, dass man nicht viel mehr machen kann, als wie im Schatten unterm Baum sitzen. Selbst im Haus ist es schweißtreibend heiß. Ich half Victon bei ein paar Hausarbeiten und dann gab es noch ein kurzes Mittagsschläfchen.

Motorrad-Tour

Am späteren Nachmittag wollten Victon und sein Kumpel Young mit mir wandern gehen. Ich war natürlich sogleich voller Vorfreude, immerhin kommt die Bewegung bei mir in letzter Zeit sowieso etwas zu kurz. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte war, dass die beiden unter "wandern" etwas ganz anderes als ich verstanden. Bei ihnen hieß das nämlich zwei Stunden lang mit dem Motorrad auf einen Hügel und wieder runter zu fahren - ganz ohne einen Fuß vor den anderen zu setzen. Die Sache war trotzdem ganz spannend. Victon war der Fahrer, ich saß in der Mitte und Young hinten. So ganz überzeugt waren Young und ich von Victons Fahrstil nicht. Er fuhr so langsam, dass es auch schon wieder fast gefährlich war. Vor allem wenn es steil bergauf ging, kamen wir dann oft einfach zum Stehen, weil er nicht genug Gas gegeben hatte. Die Wege sind natürlich alle unasphaltiert und in keinem sonderlich gutem Zustand. Als es dann wieder steil hinunter ging, gab es plötzlich einen lauten Krach. "Die Bremse ist kaputt", war die Erklärung. Aber das sei nicht schlimm, es gäbe noch eine zweite. Das war mir dann aber doch zu abenteuerlich und ich beschloss die steilen Stellen zu Fuß zu gehen. Young machte es mir nach. Insgesamt war die Tour wunderschön und führte durch viele kleine Dörfer und wunderschöne Landschaften. 

Als es dann langsam dunkel wurde, bekam Victon plötzlich Stress. Sein Vater möge es nämlich gar nicht, wenn er nach Einbruch der Dunkelheit heim käme. Kleine Anmerkung: Victon ist 25 Jahre alt. Aber gut, wir wollen ja keinen Stress. Young wollte uns aber unbedingt noch auf Samosas und eine Cola einladen. Besonders genießen konnten wir das nicht, weil Victon scheinbar ziemlichen Respekt vor seinen Vater hat und infolgedessen recht gestresst war. 

Victon und Young

Ich und Victon

Zuhause erwarteten mich die Kids bereits. Sie lieben es mit mir zu spielen und meine weiße Haut anzufassen. Danach bereiteten Victons Schwester, Victon und ich Chapati zu. Das war ganz schön viel Arbeit, immerhin machten wir gut 60 Stück für die ganze Großfamilie.


Heute, am Donnerstag, sollte es für mich wieder weitergehen, nämlich nach Kisumu. Dort habe ich mir ein kleines Mini-Häuschen über AirBnB gemietet. Nach dem ganzen Großfamilienleben sehne ich mich nun nach etwas Privatsphäre. Victon und seine Familie versuchten mich zu überreden länger zu bleiben, was ich mega lieb fand. Ich versprach ihnen, eventuell wieder zu kommen, wenn es die Zeit zulässt. 

Victon möchte mich übrigens unbedingt mit dem Motorrad eines Freundes nach Homa-Bay bringen, von dort aus würde ich dann ein Matatu nach Kisumu finden. Da die Fahrt mit dem Motorrad über eine Stunde dauern sollte war ich natürlich nur mäßig begeistert von der Idee - vor allem nach der gestrigen Tour *lach*. Victon ließ sich von seinem lieb gmeintem Vorhaben jedoch nicht abbringen, weshalb ich dann auch nachgab. 


Also dann, bis bald!

Eure Michi :)






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