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Mittwoch, 4. Oktober 2023

Krokodilmänner und Kopfjäger am Sepik

By On Oktober 04, 2023

 

Krokodiljagd am Sepik Fluss


Seekrank

Das Schiff von Madang nach Wewak sollte um 16 Uhr starten. Am Hafen angekommen trafen wir zum Glück sogleich auf Chris, der uns versprochen hatte uns zu helfen einen Schlafplatz an Board zu ergattern. Es wartete bereits eine Menge an Menschen. Chris winkte uns durch. Wir durften zwei Stunden vor allen anderen Passagieren einsteigen. Und als wäre das nicht genug führte uns Chris in eine separate Koje, in der etwa zehn Stockbetten standen. Der Raum hatte sogar eine Klimaanlage. Wir sollten hier schlafen, während die anderen Passagiere sich draußen die wenigen Betten teilen mussten bzw auf den Plastiksitzen schliefen. Zudem wäre es wichtig die Koje abzuschließen, fügte er noch hinzu. Man wisse ja nie wer da so aller mitfährt. Wir waren ihm natürlich unglaublich dankbar für seine Hilfe, obwohl sich diese Sonderbehandlung etwas unangenehm anfühlte. Wir hatten ja immerhin auch nicht mehr als die anderen bezahlt. 

Mit nur einer Stunde Verspätung und einem ziemlich starken Seegang startete das Abenteuer. Ich bin kein Experte auf hoher See, aber es hat schon ganz ordentlich gewackelt. Außerdem glaube ich auch nicht, dass unser Schiff das Allerstabilste war. Die riesigen Wellen überfluteten das Deck mehrmals, wodurch die halben Passagiere schon pitschnass geworden sind. Es brach Panik aus. Einige begannen zu beten. Eine Frau stand mehrere Stunden am Geländer und sang dabei lautstark Loblieder. Der Mann neben Carolin musste sich übergeben. Was für ein Spektakel. Die Toilette war überflutet mit breiigen, übelriechenden Exkrementen - also entweder wurde aufgrund des Seegangs die Schüssel nicht mehr getroffen oder jemand konnte es einfach nicht mehr halten. Kann natürlich sein, dass einige Frauen aus dem Dorf einfach nicht wissen wie man so eine Sitztoilette benutzt. Auf alle Fälle war es sehr unappetitlich. Und in den nächsten 18 Stunden wurde die Sauerei natürlich nicht behoben. Das Ganze ließ meine beginnende Seekrankheit nicht unbedingt besser werden. Mir war tatsächlich kotzübel. Ich lag in dem Stockbett und fühlte mich so mies, als wäre ich todkrank. Dabei stand ich zudem Todesängste durch, da ich nicht wusste ob unsere klapprige, alte Personenfähre das wirklich durchstehen würde. Im Laufe der Nacht beruhigte sich das Ganze wieder. Mir war aber den ganzen nächsten Tag noch latent übel. 

Ob dieses kleine Rettungsboot wohl für alle Passagiere reicht?

Angekommen bei den Missionaren in Wewak

Carolin und ich kamen in Wewak bei einer deutschen Missionarsfamilie der Liebenzeller Mission unter: Tina und Manuel Feige mit ihren zwei Kids. Begrüßt wurden wir mit strömenden Regen. Langsam aber sicher beginnt wohl die Regenzeit. Im ganzen Bezirk gibt es seit Tagen keinen Strom. Laut Tina könnte das wohl noch länger gehen. Da sowohl Carolin als auch ich auf dem Schiff so gut wie nichts geschlafen haben, waren wir an diesem Tag nicht mehr zu sonderlich viel fähig. 

Mit dem PMV von Wewak nach Pagwi

Am nächsten Morgen brachte uns Tina zum Busbahnhof in Wewak. Einen Großteil des Gepäcks und unsere Wertsachen konnten wir bei ihnen zu Hause lassen. Die Strecke von Wewak nach Pagwi ist nämlich ziemlich bekannt für seine regelmäßigen Straßenblockaden und Raubüberfälle. Tina riet uns ein kleines Geldtäschchen parat  zu haben, falls wir angehalten werden. Den Rest sollten wir gut verstecken. Wir hatten diesmal wirklich ein bisschen Muffensausen. Was uns zudem etwas Sorgen bereitete war, dass Greg - ein Einheimischer, der uns die nächsten Tage mit seinem Holzkanu den Sepik Fluss zeigen sollte - schon seit gestern kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben hatte. Aber gut, er wohnt in einem kleinen Strohhüttendörfchen und hat dort wahrscheinlich kein Telefonnetzwerk. Die letzte Nachricht von ihm war das Bild eines recht beachtlichen Krokodils, das er in der Nacht erlegt hatte. Somit wäre das heutige Abendessen schon mal gesichert. 

Der öffentliche PMV, in den wir um 7:45 Uhr einstiegen, startete dann letztendlich um 10:45 Uhr. Wir sind diese ständige Warterei nun zwar wirklich schon gewohnt, aber so richtig anfreunden werden wir uns damit wohl nie. Es ging zuerst etwa 3 Stunden in die ziemlich unfreundlich und verdreckt wirkende Stadt Maprik (25 Kina). Dort stiegen wir in einen weiteren PMV nach Pagwi um (1,5 Stunden,  15 Kina). Dieses Gefährt war etwas abenteuerlicher: Eingepfercht auf der riesigen Ladefläche eines Lieferwagens wurden wir transportiert. Die Straße war holprig, wir wurden also ordentlich durchgeschüttelt. Gott sei Dank kamen wir ohne Zwischenfälle in Pagwi - einer der drei Orte am Sepik Fluss mit Straßenanschluss - an. Wir waren ziemlich erleichtert als Greg dort bereits auf uns wartete - und das wahrscheinlich schon den halben Tag. 

Das Abenteuer am Sepik beginnt

Der Fluss ist riesig und erinnert mich ein wenig an den Amazonas. Unser blau gestrichenes Holzkanu mit Motor brachte mich beim ersten Anblick zum Schmunzeln: Greg hatte liebevoll drei Gartenstühle darauf platziert, damit wir es gemütlich haben. Der Gute ist sowieso schon seit Tagen super aufgeregt uns zu empfangen. Er hat nämlich noch nie mit Touristen gearbeitet. Sein großer Traum wäre es ein Business im Tourismus zu starten und wir sind sozusagen die ersten, die er herumführt. Er ist uns vom ersten Augenblick an sehr sympathisch und wirkt unheimlich bemüht. 

Unser motorisiertes Holzkanu für die nächsten Tage

Die nächsten vier Tage verbrachten wir bei Greg und seiner Familie in dem kleinen Dörfchen Kaminimbit, das etwa zwei Stunden flussabwärts von Pagwi liegt. Die letzte Nacht schliefen wir dann in Korogo, bei einer befreundeten Familie von Greg. 

Greg, ich, Rosa, Martha und Samuel

Das Haus der Familie

Von Greg's Zuhause aus unternehmen wir Tagesausflüge den Fluss entlang und in andere Dörfer. Am Sepik Fluss herrscht nicht viel Verkehr. Wir sehen nur wenige andere Holzkanus, fast alle ohne Motor. Der Treibstoff sei irrsinnig teuer geworden, deshalb kann es sich fast niemand mehr leisten. Für unsere 5-tägige Tour am Fluss geht tatsächlich der Großteil der Kosten für den Sprit drauf (insgesamt 2.000 Kina = ca 520 €). 

Uralte Bräuche und Geisterhäuser

Ich bin wirklich überwältigt von den reichen Kulturschätzen und den traditionellen Bräuchen in der Sepik Region, die die Menschen dort bis heute bewahrt haben. Jedes Dorf hat ein "Haus Tambaran", ein sozusagenes Geisterhaus. Wir besuchten drei davon. Das Haus Tambaran darf nur von Männern betreten werden. Für uns Touristinnen machen sie aber eine Ausnahme, da wir ja immerhin eine andere Kultur hätten. In diesem Haus werden verschiedene Geister, darunter auch der Wassergeist - das Krokodil - verehrt. Zudem ist es der Ort an dem wichtige Entscheidungen getroffen und Zeremonien durchgeführt werden. Eine dieser Zeremonien ist das äußerst schmerzhafte 3-wöchige Initiationsritual bei dem junge Männer zu erwachsenen, heiratsfähigen Kriegern werden. Dabei wird ihnen am ganzen Körper ein schuppenähnliches Muster in die Haut geritzt. Die Vernarbung sollte später aussehen wie eine Krokodilhaut. In einem Dorf fand gerade so ein Initiationsritual statt. Leider wollte das Dorfoberhaupt ziemlich viel Kleingeld dafür, um die Jungs mit ihren frischen Krokodilnarben im Haus Tambaran besuchen zu dürfen. Somit beschloss ich es mir nicht anzusehen. Carolin war aber dort und meinte, dass es recht interessant war. Die Haut der Heranwachsenden wurde bereits ein paar Tage zuvor eingeritzt. Die Narben waren nun mehr oder weniger gut am Verheilen. Außerdem waren sie alle nackt nur mit Schlamm bedeckt, welcher wohl die Wundheilung fördern sollte. Ich verlinke euch ein paar Bilder dieser Krokodilhautnarben HIER - damit ihr euch ein Bild machen könnt wie das Ganze aussieht. 

Bis vor gar nicht allzu langer Zeit spielten die Kopfjagd und der Kannibalismus noch eine große Rolle am Sepik. In den letzten Jahren ist dies aber scheinbar bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr vorgekommen. Nach Erzählungen der älteren Generation wurde der Kopf des Feindes aufbewahrt. Der Schädelknochen wurde dann als Trophäe im Geisterhaus aufgehängt. Um zum Mann zu werden mussten junge Männer auf Kopfjagd gehen. Das Fleisch der Person wurde gegesssen.

Das Haus Tambaran in Korogo

Das zweistöckigen Haus Tambaran in Kaminimbit

Masken und Krokodilschädel sind darin zu finden




Die Kulinarik am Sepik: Krokodil, Sago und Ratte

Wie man sich vorstellen kann sind die Menschen in den Dörfern am Sepik großteils Selbstversorger. Sie leben vorwiegend von der Jagd (Krokodile, Baumkängurus, Schlangen), vom Fischfang und dem Obst- und Gemüseanbau (Papaya, Wassermelone, Kokosnuss, Grünzeug, Bohnen, Süßkartoffeln,...). Und nicht zu vergessen: Sago! Es stammt von der stacheligen Sagopalme. Daraus wird Stärkemehl hergestellt, welches dann meist zu einer Art Pfannkuchen verarbeitet wird. Geschmacklich meines Erachtens kein Highlight. Schmeckt hauptsächlich nach gar nichts, hat aber trotzdem irgendwie einen eigenartigen Beigeschmack. Die Konsistenz erinnert an Gummi. Sago wird hier jeden Tag gegessen. Und alle lieben es! Martha hatte eine Riesenfreude als ich mir hin und wieder so ein Ding hinuntergewürgt habe. Immerhin machen sie lange satt. 

Am ersten Abend durften wir gleich von dem Krokodil probieren, das Greg am Vorabend extra noch erlegt hat. Vom Geschmack her lag es wohl irgendwo zwischen Hühnchen und Fisch. Da es ein größeres Tier war, war das Fleisch recht fest - fast schon ein wenig zäh. 

Ein paar Tage später gab es dann selbst gejagtes Baby-Krokodil. Das schmeckte vorzüglich. Das Fleisch war super weich und mager. Man konnte sogar die Krokodilhaut mitessen. Vielleicht schmeckte es aber auch so gut, weil wir beim Erlegen live dabei waren. Als die Nacht hereinbrach sind wir mit dem Holzkanu auf den Sepik hinaus gefahren. Bewaffnet mit unseren Stirnlampen und Speeren. Man findet die Krokodile in der Dunkelheit am besten, da die Augen das Licht der Taschenlampe reflektieren und somit aus weiter Ferne funkeln. Es war eine richtig magische Vollmondnacht. Langsam paddelten wir durchs Schilf. Wir mussten so leise wie möglich sein. Man hörte nur das Quaken der Frösche und des Zirpen der Grillen. Immer wieder blitzen Augen in weiter Ferne auf. Es war unglaublich beeindruckend zu sehen wie gekonnt die Männer mit dem Speer umgingen. Bereits das dritte Krokodil war ein Volltreffer. Das arme quieckende Baby-Reptil tat mir fast ein bisschen leid. Es hätte aus der Ferne größer ausgesehen, meinte Greg. Ganz nebenbei erlegte er noch ein paar Fische mit dem Speer. Am Rückweg trafen wir mitten am Fluss auf ein Motorboot. Soweit ich erkennen konnte saßen etwa zehn Männer darauf. Greg packte sofort sein Speer und stand auf. Während er ein paar Worte mit den Männern wechselte, ließ er dieses nicht los. Völlig intuitiv nahmen Carolin und ich gleichzeitig unser Handy und versteckten es in unserer Unterwäsche. Das war nämlich das Wertvollste was wir dabei hatten. Die Situation wirkte ziemlich angespannt, jedoch erfuhren wir nie, was gesprochen wurde. Das wichtigste ist: Es ist nichts passiert und das Speer musste nicht zum Einsatz kommen. Trotzdem wissen wir, dass in dem Land ständig genug schlimme Dinge geschehen. Man sollte also ständig auf der Hut sein. Gerade hier am Sepik gibt es scheinbar Piraten, die ihr Unwesen treiben. Da die Einheimischen aber nicht viel darüber sprechen - vor allem nicht vor uns Touristen - würde Greg uns sowieso nicht erzählen, ob die Situation wirklich bedrohlich war. 

Krokodiljagd bei Vollmond




Nun muss es nur noch gebraten werden

& fertig ;)

Als Beilage zum Fleisch bekamen wir viel Obst und Gemüse aus dem Garten. Wenn jedoch die Trockenheit zu Ende geht, ist es vorbei damit. Dann wird nämlich ein Großteil des Festlandes überschwemmt. Deshalb sind die Häuser hier auch auf Stelzen gebaut. Teilweise müssen die Leute sogar mit dem Kanu zum Toilettenhüttchen rudern oder zu den Nachbarn schwimmen. Gegessen wird in dieser Zeit hauptsächlich Fleisch und Sago. 

Die Häuser am Sepik sind auf Stelzen gebaut, da es in der Regenzeit zu starken Überschwemmungen kommt

Der kulinarische Höhepunkt war die Ratte die uns am vorletzten Tag als Mittagessen aufgetischt wurde. Während ich gleich zuschlug zögerte Carolin noch. Als ich ihr aber versicherte, dass sie gar nicht so schlecht schmeckte, traute sie sich auch darüber. Man muss dazu sagen, dass es keine gewöhnliche Hausratte war - von denen wir mehr als genug in der Hütte hatten - sondern ein etwas größeres Exemplar, das im Wald lebt. 
 

Dorfleben am Sepik

Neben unseren Ausflügen liebte ich es mit den Kids Zeit zu verbringen. Vor allem Gregs Tochter, die achtjährige Rosa, ist mir sehr ans Herz gewachsen. Wir erkletterten gemeinsam Bäume, um beispielsweise Papaya zu ernten oder badeten im Sepik. Der Fluss stellt die einzige Wasserquelle dar, vor allem in der Trockenzeit. In der Regenzeit wird auch Regenwasser gesammelt. Für uns war es anfangs etwas befremdlich sich in der kakaofarbenen Brühe des Flusses zu waschen. Ob man danach sauberer wird ist fraglich. Aber es hat immerhin den Vorteil, dass man die Krokodile nicht sieht wenn man im Wasser herumplanscht ;) Greg versicherte uns aber, dass die Tiere einen weiten Bogen um bewohnte Dörfer machen und vorwiegend im Schilf zu finden sind. 

Ein absolutes Highlight war es, als Greg Bananenstämme für uns zurecht schnitt. Diese gehen im Wasser nicht unter, somit konnten wir uns damit flussabwärts treiben lassen. 

Während die Männer im Dorf auf die Jagd gehen oder im Haus Tambaran abhängen, sind die Frauen mit Hausarbeit, Kochen oder Fischen beschäftigt. Das Waschen der Wäsche sowie des Geschirrs findet direkt am Fluss statt. Auch die Kinder helfen schon fleißig mit. So geht die kleine Rosa bereits selbständig Garnelen und Fische fangen - und stellt sich dabei äußert geschickt an. 

Mit den Kids am Planschen im Sepik

Andrea, Rosa und ich

Rosa am Erklettern eines Papaya-Baumes

Mit diesen Bananen Stämmen ließen wir uns flussabwärts treiben

Rosa und ich :)


Am Montag Morgen hieß es dann schon wieder Abschied nehmen. Ich hätte es tatsächlich noch um einiges länger hier ausgehalten. Die simplen Lebensbedingungen, die freundlichen Dorfbewohner und nicht zu vergessen der fehlende Handyempfang machten diese Tage sowohl zu einem unvergesslich spannenden wie auch entspannenden Erlebnis. Als Andenken bekamen wir eine Kette mit einem Krokodilzahn geschenkt. 


Die allerbeste Gastfamilie :)
Greg, ich, Rosa, Martha, Samuel und Carolin

Goodbye Papua Neuguinea

Nachdem Carolin und ich die Rückreise von Pagwi nach Wewak mit dem PMV - diesmal tatsächlich mit einer Direktverbindung (50 Kina) - heil überstanden haben, blieben wir noch eine Nacht bei den Missionaren. Recht spontan und abrupt beschlossen wir, dass unsere PNG Reise nun etwas vorzeitig beendet wird. Es gäbe zwar noch so unendlich viel zu entdecken hier, aber leider ist das Reisen schwierig und vor allem kostenintensiv. Durch die fehlenden Straßen, sind immer wieder teure Inlandsflüge notwendig, was auf Dauer unsere Kosten sprengt. Nach langem Überlegen geht es deshalb morgen auf die Fidschi Inseln. 

Im Moment sind wir wieder in Port Moresby angekommen. Nach wie vor kann ich behaupten, dass es keine schöne Stadt ist. Da es mit dem Couchsurfen irgendwie nicht geklappt hat sind wir im Hideaway Hotel untergebracht. Das ist eine der günstigeren Übernachtungsvarianten, aber tatsächlich immer noch viel zu teuer. Morgen Mittag geht dann unser Flug. 

Als dann, wir hören/lesen uns von den Fidschis ;)


Eure Michi :)




=> Hier findest du noch mehr Fotos und Videos vom Sepik <=





Montag, 25. September 2023

Madang - die Stadt der Mörder

By On September 25, 2023

 

Das Chaos geht weiter.  Mittlerweile habe ich mich allerdings schon daran gewohnt, dass hier so ziemlich nichts nach Plan läuft. So schnell bringt mich also nichts mehr aus der Fassung. Bevor ich zu diesem Teil komme erzähle ich euch aber noch ein wenig über die Stadt Madang, in der wir am Freitag angekommen sind. Es handelt sich dabei laut Reiseführer um die schönste Stadt am Südpazifik. Aber diese schönen Ecken haben wir vermutlich noch nicht gefunden. Bei der weiteren Recherche im Internet fanden wir dafür einen interessanten Zeitungsartikel vom Juli dieses Jahres. Darin steht geschrieben, dass sich die Morddelikte hier in den letzten Wochen und Monaten drastisch erhöht haben. Deshalb wird das 36.0000-Einwohner-Städtchen auch als die "Mörderhauptstadt Papua Neuguineas" bezeichnet. Und wir haben uns schon gewundert warum bei Einbruch der Dunkelheit keine Menschenseele mehr auf den Straßen zu sehen ist. Bereits um 20 Uhr wirkt es wie eine Geisterstadt. In dem Artikel steht noch, dass es in den letzten Wochen täglich zu Morden kam - teilweise am helllichten Tag. Die Polizei sei maßlos überfordert. 



Wir sind im CWA Guesthouse (Country Women's Association) untergebracht. Eine der günstigeren Unterkünfte in Madang, direkt am Meer. Und natürlich von einem hohen Stacheldrahtzaun umgeben. Am Samstag wollten Carolin und ich unseren Weiterflug nach Wewak für Montag online buchen. Von da aus möchten wir dann unsere Reise an den Sepik-Fluss starten. Das Ganze verlief recht unglücklich, denn Carolin konnte das Ticket kaufen und als ich es versuchte waren plötzlich keine Sitze mehr verfügbar. Da das Büro der Fluggesellschaft nicht mehr besetzt war, blieb uns nichts anderes übrig als bis Montag zu warten in der Hoffnung, dass die mich irgendwie noch in dieselbe Maschine bekommen. Der nächste Flug wäre nämlich erst wieder am Donnerstag. 


Relaxen hinter Gittern im CWA Guesthouse


Kranget Island - seit Monaten ohne Strom

Am Sonntag beschlossen wir mit dem öffentlich Boot auf Kranget Island zu fahren. Für nur einen Kina (= 0,25 €) kann man in einem völlig überladenen Motorboot aus Holz dorthin kommen. Nach etwa 15 Minuten Fahrt erreichten wir die paradiesische kleine Insel. 


Auf dem Weg nach Kranget Island


Ein Mann im Boot erzählte uns, dass es schon seit Monaten keinen Strom auf der Insel gibt. Ein großes Schiff habe die Stromleitung zerstört. Es leben etwa 3000 Menschen dort. Der nette Herr führte uns dann noch ein bisschen herum. Wir kamen zu einer ziemlich desolaten Strohhütte, die wohl ein Guesthouse darstellen sollte. Für nur 30 Kina bekommt man hier ein "Zimmer". Das ist für die Verhältnisse in Papua Neuguinea natürlich sehr günstig, aber er konnte es uns dann doch nicht schmackhaft genug machen. Es wären wohl schon lange keine Touristen mehr hierher gekommen, erfuhren wir. Unser Highlight war der Junge, der für uns eine riesige Palme erkletterte. Wir staunten wie flink er da oben in den schwindelnden Höhen war. Und dann begann er auch schon massenweise Kokosnüsse herunter zu werfen. Als diese geöffnet waren konnten wir frisches Kokoswasser direkt aus der Nuss trinken - herrlich! Ein paar Jungs begleiteten mich danach beim Schwimmen - in Klamotten versteht sich. Ich vermute, dass ein Bikini hier nicht sehr angebracht wäre, immerhin gehen die einheimischen Frauen auch nur mit ihren Kleidern ins Wasser. Ist schon komisch, dass die Menschen in den traditionellen Dörfern halb nackt herumlaufen und man dann doch wieder so konservativ mit dem Kleidungsstil ist. Aber man muss nicht alles verstehen. Als Touristin ist es für mich ganz klar die den lokalen Gepflogenheiten soweit wie möglich zu akzeptieren und mich anzupassen.



Frisches Kokoswasser :)





Glück im Unglück

Heute, am Montag, haben Carolin und ich gleich in der Früh das Büro der Fluglinie PNG Air aufgesucht, in der Hoffnung dort noch einen Sitzplatz für mich buchen zu können. Der äußerst hilfsbereite Mann am Schalter meinte aber, dass laut seiner Liste alle Sitze besetzt wären. Er machte uns jedoch große Hoffnungen einfach an den Flughafen zu fahren. Dort ergäbe sich sicher noch eine Möglichkeit. Wir fuhren also um 10 Uhr zum Flughafen. Ablug sollte um 13 Uhr sein, es war also noch reichlich Zeit. Jede Airline hat ihr eigenes Terminal. Leider bekamen wir wieder dieselbe Antwort: Alle Sitze seien besetzt. Wir drückten ordentlich auf die Tränendrüse und versuchten den Typen beim Check-in mit allen Mitteln zu bestechen. Leider ohne viel Erfolg. Er meinte aber wir sollten warten er würde noch einmal schauen. Schlussendlich dauerte die Warterei bis nach 13 Uhr. Ende der Geschichte: Ich bekam leider keinen Sitz. Das Gute war jedoch, dass der Flieger sowieso schon überbucht war, somit mussten zwei Personen wieder "ausgeladen"  werden. So etwas passierte in diesem Land wohl öfter. Eine davon war dann Carolin. Das hieß sie konnte mit mir hier bleiben und bekommt den Flugpreis erstattet. So etwas nennt man wahrliches Glück im Unglück. Während des Wartens habe ich übrigens alle Terminals am Flughafen abgeklappert und verzweifelt nach einer Lösung gesucht wie ich nach Wewak kommen könnte. Dabei bin ich auf eine sehr hilfreiche Info gestoßen: Es gäbe wohl ein großes Schiff von Lutheran Shipping Services, welches mehrmals wöchentlich nach Wewak fährt. Dort habe ich gleich angerufen. Die Überfahrt dauert 18 Stunden und kostet 290 Kina. Zumindest günstiger als der Flug.  Nächste Abfahrt ist morgen um 16 Uhr. Das klingt auf alle Fälle nach einem spannenden Abenteuer! 

Mittlerweile waren Carolin und ich schon bei denen im Büro und haben uns zwei Tickets gesichert. Es gibt sogar ein paar Betten an Board, jedoch nicht genügend für alle 200 Passagiere. Chris - einer der Angestellten dort - versprach mir aber, dass er uns eins freihalten wird. Wir sind auf alle Fälle sehr gespannt und hoffen dieses Schiff befindet sich nicht in einem allzu katastrophalen Zustand. 



Eure Michi :)




=> Hier findest du noch mehr Fotos und Videos von Madang und Krankget Island <=




Samstag, 23. September 2023

Erwarte stets das Unerwartete: In einem von der Außenwelt komplett abgeschnittenen Dorf im Hochland Papua Neuguineas

By On September 23, 2023

 

In der heutigen Zeit sind Gebiete, die völlig von der Außenwelt isoliert leben, eine absolute Seltenheit geworden. Es ist zudem nicht einfach herauszufinden wo solche überhaupt zu finden sind. Papua Neuguinea ist auf alle Fälle ein Land, das vom Tourismus noch dermaßen unberührt ist, dass man mit viel Glück und Recherchearbeit genau solche Dörfer entdecken kann. 


Der Kalam Stamm in Simbai


Die Anreise: Verwirrnisse ohne Ende

Bereits die Anreise von Goroka nach Simbai verlief etwas chaotisch. Von dem ganzen mühevollen E-Mail Kontakt mit MAF ( = ein missionsgeleitetes Flugunternhemen, das in abgelegene Gebiete fliegt) ganz zu schweigen. Kurz: Es war absolut nicht einfach den Flug in diesem kleinen Buschflugzeug zu buchen. Es brauchte geschätzte hundert Mails und selbst dann waren wir uns nicht ganz sicher ob es wirklich klappen würde. Auch wenn man bei MAF anruft oder deren "Büro" besucht erhält man keine sinnvollen Informationen. Aber gut: Wenn es einfach wäre, dann würde es ja jeder machen. 

Nachdem unser Taxifahrer - mit dem wir am Tag zuvor abgemacht haben, dass er uns zum Flughafen bringt - einfach nicht aufgetaucht ist, konnten wir schließlich auf der Ladefläche eines Landcruisers noch rechtzeitig um 7 Uhr dort ankommen. Wichtig zu wissen ist vielleicht noch, dass diese kleinen Buschflugzeug-Unternehmen ihren Check-in nicht in der normalen Abflughalle haben, sondern rund um das Flughafengelände statuiert sind. Carolin und ich warteten dort erstmal eine gute Stunde. Wir waren sichtlich erleichtert als uns dann bestätigt wurde, dass zumindest unsere Namen auf der Passagierliste standen. Nun wurden sowohl wir wie auch unser Gepäck genauestens abgewogen. Nach und nach kamen noch weitere Fluggäste hinzu: James (England), Jin (Taiwan) und Anthony (Frankreich) - drei junge Männer, die seit Jahren die Welt umsegeln. Und dann noch Miriam - eine Schweizerin, die in Los Angeles lebt - mit ihrer einheimischen Reiseführerin Jane. Wir waren schlussendlich ein ziemlich cooler Trupp und alle super aufgeregt das jährliche "Kalam Festival" in Simbai besuchen zu dürfen. Erst seit wenigen Jahren können jedes Jahr ein paar wenige Touristen bei diesem Spektakel irgendwo im tiefsten Dschungel Papua Neuguineas dabei sein. 

Unser kleines Flugzeug sah tatsächlich aus wie aus einem uralten Schwarz-Weiß Film. Es wurden gerade noch Sitze hineingeschraubt. Insgesamt sind 10 Personen zugelassen. Da Carolin und ich während des Wartens eine unglaubliche Lust auf Kaffee bekamen, beschlossen wir tatsächlich 30 Minuten vor dem geplanten Abflug noch schnell in eine Bäckerei zu fahren. Das war ein ziemlicher Nervenkitzel, denn wir wussten nicht, dass diese so weit entfernt liegt. Wir kamen nur wenige Minuten vor dem geplanten Start zurück. Unser Kleinflugzeug stand zum Glück noch an Ort und Stelle. Es sah auch nicht so aus als würden wir demnächst starten. Wir mussten auf den Wetterrapport von Simbai warten. Da wir einen solchen aber noch nicht erhalten haben, beschloss der Pilot vorher noch woanders hinzufliegen. 

Unser Kleinflugzeug wird beladen

Während des Wartens erhielten wir ganz nebenbei die Info von Jane, dass das Kalam-Guesthouse, welches wir in Simbai kontaktiert hatten, wohl gar nicht mehr existiere (??) ! Carolin und ich schauten uns ratlos an. Wir hatten doch E-Mail Kontakt mit denen und es wurde uns versichert, dass wir dort ein Zimmer bzw eine Strohhütte bekommen würden. Jane meinte, das sei gar nicht möglich, da es in Simbai kein Telefonnetzwerk gibt, also demzufolge auch kein Internet. Mit wem haben wir denn dann die ganze Zeit geschrieben?

Wir waren ziemlich erleichtert, als unser Flugzeug gegen Mittag zurück kam. Es sollte nun endlich losgehen. Noch nie zuvor in meinem Leben bin ich mit so einem kleinen, klapprigen Flieger geflogen. Ich konnte mir gar nicht vorstellen wie sich das Ding überhaupt über dem Boden halten sollte. Doch siehe da, wir hoben mit viel Gewackel ab. Als der Pilot vor dem Abflug noch ein kurzes Gebet sprach, hat uns das alle ein wenig beängstigt. Der 30-minütige Flug verlief aber letztendlich völlig komplikationslos. Unter uns der endlos scheinende, saftig grüne Regenwald, durch den sich braungefärbte Flüsse schlängeln. 

Die Landebahn in Simbai war einfach ein Streifen Wiese. Das ganze Dorf schien sich versammelt zu haben, um zu sehen wer da landet. Wir wurden von hunderten neugierigen Augen angestarrrt. Das Verwirrnis ging nun weiter. Es war scheinbar nicht ganz klar wo wir schlafen werden, da niemand von Carolins und meiner Ankunft wusste. Wir sollten erstmal mit Miriam und Jane mitkommen. Es folgte eine 30-minütige Wanderung. Autos oder sonstige Fahrzeuge gibt es hier nicht. Die Jungs aus dem Dorf ließen es sich nicht nehmen unsere Rucksäcke zu tragen. 

Als wir ein paar neu errichtete Strohhütten erreichten hieß es, dass Miriam da untergebracht werden würde. Morgen kommt eine Gruppe Franzosen, für welche die anderen Zimmer reserviert sind. Es wird noch nach einer Lösung gesucht wo Carolin und ich schlafen könnten. Es wurde uns ein frisch zubereitetes Mittagessen aufgetischt mit viel Gemüse und frischem Obst. James, Jin und Anthony wurden irgendwo anders hingebracht. Wir staunten nicht schlecht als diese zwei Stunden später völlig außer Atem zurückkamen und meinten sie hätten aus unerklärlichen Gründen auch keine Unterkunft. Und nun das Allerbeste: Das "Kalam Festival", für welches wir alle angereist waren findet wohl auch nicht statt. Unsere Ratlosigkeit schlug nun in Unverständnis um. Wie kann so etwas eigentlich sein? Die Jungs und Miriam haben die Reise hierher zudem über eine Agentur gebucht und ziemlich viel Geld dafür bezahlt. Wie wir später herausfanden wurde einfach das Datum des Festivals spontan ein paar Tage nach hinten verschoben. Es folgten Diskussionen mit dem Dorfoberhaupt. Er versprach nach einer Lösung zu suchen.

Schlussendlich wurden Carolin, ich und die drei Jungs in einer riesigen Strohhütte auf einem Hügel im Dorf Skom untergebracht. Das Kalam Guesthouse gibt es nämlich seit einem Jahr tatsächlich nicht mehr. Und die Person mit der wir den E-Mail Kontakt hatten lebt wohl in der Küstenstadt Madang und hat natürlich hier im Dorf nicht bescheid gegeben, dass wir kommen. Wie denn auch? 

Unsere Unterkunft für die nächsten Tage liebevoll dekoriert mit frischen Blumen und Pflanzen


Skom Village in Simbai

Die Nachbarskinder :)

Die Aussicht unserer Unterkunft hoch über dem Dorf war fantastisch. Wir mussten lediglich jedes Mal zu Mahlzeiten eine kleine Wanderung ins Dorfzentrum auf uns nehmen, aber für diese Bewegung war ich sehr dankbar. Da Miriam nicht alleine mit der Franzosengruppe sein wollte, die morgen ankommen sollte, beschloss sie ebenso mit uns in die Hütte zu ziehen. Wir waren somit eine sehr lustige Gruppe. Ziemlich bemerkenswert fanden wir es, dass extra für uns  innerhalb kürzester Zeit eine Plumsklo- und eine Duschhütte gebaut worden sind. Die Dorfbewohner brachten uns täglich jeweils einen Kübel Flusswasser, damit wir uns dort waschen konnten. Und sogar Klopapier wurde extra für uns eingeflogen. Nach einem gemeinsamen Abendessen saßen wir in unserer Hütte rund um ein Lagerfeuer zusammen und ließen so diesen spannenden ersten Tag ausklingen. Als der erste Schock über das ganze Chaos verdaut waren konnten wir nun endlich auch darüber lachen. Das klingt alles fast zu verrückt um wahr zu sein. 


Die Neuigkeiten und die Aufgabenverteilung des jeweiligen Tages werden jeden Morgen mit dem Lautsprecher am Dorfplatz bekannt gegeben. 

Am Dienstagmorgen starteten wir nach dem Frühstück eine ausgedehnte Dschungelwanderung. Es ging vorbei an Kartoffelfeldern und Zuckerrohrplantagen bis hinauf in den dichten Regenwald. Dort ist der wunderschöne Paradiesvogel, der auch das Wappen Papua Neuguineas schmückt, beheimatet. Leider bekamen wir keinen zu Gesicht. Dafür fanden wir ein Nest, in dem diese Vögel ihre Balztänze aufführen. 

Frühstück mit Aussicht

Dschungelwanderung

Das Tanz-Nest der Paradiesvögel

Ich, Carolin, Miriam, Jin, James & Anthony 

Das jährliche "Kalam Festival"

Das "Kalam Festival" in Simbai ist - wie bereits erwähnt - ein Fest, das erst seit einigen Jahren für wenige Touristen zugänglich gemacht wurde. Es findet in einem der entlegensten Gebiete Papua Neuguineas in der Madang Provinz statt. Das Highlight ist eine tradionelle Brautpreiszeremonie und ein Initiationsrituatiol für Jungs, die quasi zu Männern geweiht werden nachdem sie eine Woche lang in einer Strohhütte verbracht haben, ohne diese zu verlassen. Währenddessen tanzen und singen die Mädchen nächtelang ohne Pause vor ihrer Hütte. Wir haben uns an einigen Nächten den Wecker gestellt um dieses unglaubliche Spektakel mitten in der Nacht zu beobachten. Zudem wird die Nasenscheidewand der Jungs mit einem kleinen Speer durchstochen und sie erhalten ein sozusagenen Nasenpiercing.  Am letzten Tag werden dann feierlich Schweine geschlachtet und es folgt ein Festmahl für das ganze Dorf. 

Die Männer vom Kalam Stamm tragen traditionelle Nasenpiercings. Ihr Kopfschmuck besteht aus hunderten kleinen grünen Käfern. 

Da wir uns nun nicht mehr sicher waren, ob wir dieses Festival überhaupt miterleben werden, waren wir überglücklich als uns am Dienstag Nachmittag offenbart wurde, dass sie nun die Festivaldaten noch einmal spontan für uns angepasst haben und das Fest bereits morgen Früh starten würde. 

Fremdschämen

Die nicht so schöne Nachricht war, dass nun auch die Touristengruppe von etwa 20 Personen angekommen sei. Es kam aber schlimmer als gedacht: Die Franzosen entpuppten sich nämlich als Deutsche und ein paar Russen, gemischt mit zwei Österreichern. Die meisten von ihnen präsentierten sich in noblen Safari Outfits. Einer sah jedoch aus als wäre er gerade aus seinem Büro gekommen. Gemeinsam war ihnen der leicht grimmige, etwas unzufriedene Gesichtsausdruck. Bereits bei ihrer Ankunft punkteten sie mit absolut unmöglichem Verhalten. Sie regten sich auf, dass es keinen Strom gibt, dass sie sich eine Hütte teilen müssen und generell über die simplen Bedingungen hier. Wir waren sprachlos wie man sich nur dermaßen daneben aufführen konnte. Seit wir in dem Dorf angekommen sind haben wir eine unglaubliche Gastfreundschaft erfahren und wurden wie Könige behandelt. Jeder im Dorf gibt sich die größte Mühe, um unseren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Man muss natürlich wissen, dass diese Touristen für ihre zweiwöchige Reise nach Papua Neuguinea etwa zehn- bis fünzehntausend Euro hinblättern. Trotzdem sollte ihnen klar sein, dass wir uns hier an einem der isoliertesten Orte überhaupt befanden. 

Richtig lustig wurde es dann, als am Nachmittag tradionelle Tänze im Rahmen des Initiationsriutals aufgeführt wurden. Es gab Gemeckere ohne Ende. Einmal verdeckte jemand dem anderen die Sicht, was gleich zu lautstarkem Geschimpfe führte. Der Gipfel war dann als ein Russe seine Drohne losfliegen ließ. Da zeigte ihm der Deutsche sofort den Mittelfinger, daraufhin folgte ein Geschubse, welches fast in eine Schlägerei ausartete, wenn nicht der Reiseleiter dazwischen gegangen wäre. Das ganze Dorf war fassungslos. Die ganze Zeremonie wurde gestoppt und alle schauten mit großen Augen auf die zwei Männer. Das Dorfoberhaupt meinte später, dass er es gar nicht glauben könnte, dass er Touristen in sein Dorf einlade und diese sich dann auf seinem Land fast die Köpfe einschlugen. So etwas habe er noch nie zuvor erlebt. 


Das Initiationsritual 

Am Mittwoch stand dann das Schlachten der Schweine auf dem Plan. Die herangehenden jungen Männer durften nach Tagen erstmals aus ihrer Strohhütte kommen. Achtzehn Schweine waren am Dorfplatz festgebunden. Einer der älteren Männer zeigte ihnen nun wie man so ein Tier mit nur einem gekonnten Knüppelschlag auf den Hinterkopf tötet. Wir durften alle zusehen. Das war natürlich nichts für schwache Nerven. Einige der Touris verließen kreidebleich den Platz. Man muss anmerken, dass die Schweine hier sehr viel Wert sind und bis zu ihrer Schlachtung ein wunderschönes Leben genießen. Sie wurden sogar gestreichelt und gekrault bis es ihnen schließlich an den Kragen ging. Danach mussten die Jungs wieder zurück in ihre Strohhütte. Die ganze Dorfgemeinschaft begann nun die Schweine aufzuarbeiten. Jeder wusste was er zu tun hatte. Alle Teile des Tieres werden verwertet, also auch sämtliche Innereien etc. Daneben wurde viel Grünzeugs und Gemüse geschnitten. Gekocht wurde das Festmahl als "Mumu" im Erdofen. Dabei werden Steine im Feuer erhitzt und dann gemeinsam mit dem Fleisch und dem Gemüse in ein Erdloch geschichtet. Als das Essen nach einigen Stunden fertig war, wurde es direkt aus dem Erdloch heraus gegessen. Es kostete mich etwas Überwindung das Stück Leber zu entgegen zu nehmen, das mir ein netter älterer Herr mit seinen Händen reichte, die noch voller Schweineblut waren. 

Die Schweine werden mit einem gekonnten Schlag auf den Hinterkopf getötet. Meistens waren sie sofort tot.



Gegessen wird alles vom Schwein

Dazu gibt es Süßkartoffeln, Taro und Grünzeug



Morgen, am Donnerstag, sollte unser Rückflug - wieder mit MAF - sein. Scheinbar wären auch Miriam und Jane in demselben Flugzeug. Jane beschloss am Vormittag eine Wanderung auf einen Hügel zu unternehmen. Von dort aus hat man bei klarem Himmel manchmal ein Telefonsignal. Sie wollte unseren Flug bestätigten lassen. Die Gute war fast den ganzen Tag unterwegs. Als sie am späten Nachmittag zurückkam ahnten wir nichts Gutes. Unseren Flug gibt es scheinbar nicht. Tja, solche Sachen passieren wohl nur in Papua Neuguinea. Den Grund dafür haben wir nie erfahren. Das Problem war, dass wir hier keine Möglichkeit hatten irgendwelche Recherchen zu betreiben wie wir aus dem Dorf herauskommen könnten. Jane meinte, selbst am Hügel war die Verbindung so schlecht war, dass sie immer wieder unterbrochen wurde. Sie würde am Donnerstag frühmorgens gleich noch einmal dorthin wandern und alles nur Mögliche versuchen um einen Flug für uns zu bekommen. 


Während Jane also am Donnerstag frühmorgens bereits zu ihrer Wanderung aufbrach, konnten wir beim allerletzten Teil der Zeremonie teilnehmen. Heute durften die ehemaligen Jungs und nun richtigen Männer die Strohhütte endgültig verlassen. Sie waren geschmückt mit dem traditionellen Kopfschmuck bestehend aus Baumkängurufell und Federn von den verschiedensten Vögeln. Feierlich traten sie vor die versammelte Menschenmenge. Zur Feier des Tages gab es Schweineschädel zum Frühstück. Dieser wurde die ganze Nacht im Erdofen gekocht. 

Gretl präsentiert voller Stolz den Schweineschädel

Einer der frisch gebackenen Männer mit seinem Kopfschmuck und dem neu gestochenen Nasenpiercing

Die frisch gebackenen Männer präsentieren sich am Dach der Hütte


Die gute Nachricht 

James, Jin und Anthony verließen uns am Donnerstag nach dem Mittagessen. Zu dieser Zeit kam auch Jane fix und fertig von ihrer Wanderung zurück. Sie schaffte es Kontakt mit MAF aufzunehmen. Leider können sie heute kein Flugzeug mehr schicken, aber dafür morgen. Vor allem Miriam war sehr glücklich über diese Nachricht, da sie etwas unter Zeitdruck stand. Carolin und ich sind zeitmäßig zum Glück sehr flexibel. 

Nun hatten wir Mädels die riesige Strohhütte also für uns alleine. Und genau in dieser Nacht leistete uns ein Prachtstück von Ratte Gesellschaft. Wir brachen alle drei in hysterisches Gekreische aus, als das Riesenvieh vor unseren Füßen kreuz und quer durch die Hütte rannte. Unser Geschrei war wohl weithin zu hören. Sogleich standen zwei junge Männer aus dem Dorf parat und jagten das Untier hinaus. 


Am Freitag Morgen standen wir bereits früh auf. Wir machten uns gleich nach dem Frühstück auf den Weg zur Landebahn in Simbai, um das Flugzeug auf keinen Fall zu verpassen. Wir hatten leider keine Info wie spät es kommen sollte. Als gegen Mittag Wolken aufzogen wurden wir ungelduldig. Wieso ließen sie uns so lange warten? Würden wir etwa heute wieder nicht herauskommen? Eigentlich sollte der Pilot wissen, dass es nachmittags vermehrte Gefahr für Regenschauer und Gewitter gibt. Jane war bereits am Morgen am Berg um Kontakt mit MAF aufzunehmen - leider ohne Erfolg. Wir konnten es nicht verstehen wieso man hier nicht einfach mit einem Satellitentelefon arbeitete. Das ganze Dorf leistete uns beim Warten Gesellschaft. Plötzlich hörten wir ein leises Motorengeräusch. Wir jubelten vor Freude, als wir schließlich in weiter Ferne das kleine MAF Flugzeug erspähten. Bevor wir einsteigen konnten würden noch massenweise Waren (Reis, Öl, usw) und sogar Wellblechdächer ausgeladen. Unser Pilot war diesmal ein Holländer. Nachdem er ein kurzes Gebet gesprochen hatte hoben wir ab. Währdend meine Blicke über die unendlich weiten Regenwälder schweiften, ließ ich all die unglaublichen Erlebnisse der letzten Tage Revue passieren. Es fühlte sich an wie eine Zeitreise. Es war eine völlig andere Welt. Kaum zu glauben, dass so etwas heute noch exisitiert. Die Frage ist nur wie lange noch?

Angekommen in Madang

Mittlerweile sind Carolin und ich in dem Küstenort Madang angekommen. Also zurück in der Zivilisation. Wir haben ein kleines Guesthouse (CWA) gefunden. Ein simples Zimmer kostet hier umgerechnet 60 Euro. Keinesfalls billig im Anbetracht der Tatsache, dass die Sauberkeit nicht unbedingt unseren Standart entspricht. Aber dafür gibt es eine Gemeinschaftsküche, was auch schon viel wert ist. Generell sind Unterkünfte in PNG sehr, sehr teuer. Für ein Hotelzimmer muss man schon 100 Euro pro Nacht zahlen und darf keineswegs WLAN oder frisch gewaschene Bettwäsche erwarten. 

Da ich mehrmals gefragt wurde wie das mit den Buschflugzeugen funktioniert und was das kostet: MAF hat eine Homepage. Man kann denen eine E-Mail Anfrage schicken. Bestimmte Orte werden einmal pro Woche angeflogen bzw je nach Nachfrage. Ihre Flugzeuge haben meist Platz für 10 Personen. Wenn alle Plätze besetzt sind kostet ein Ticket umgerechnet zwischen 100 und 200 Euro. Es ist natürlich auch möglich einen Flieger zu chartern. Da PNG aufgrund der fehlenden Straßen über den Landweg nur sehr eingeschränkt zu  bereisen ist, könnt ihr euch sicher vorstellen, dass so eine Reise kein günstiges Vergnügen ist. Aber selbst organisiert auf alle Fälle beträchtlich billiger als mit einer organisierten Tour. Ich würde mal sagen man muss mit etwa 400 - 500 Euro pro Woche rechnen - inklusive Inlandsflüge - wenn man stets die günstigsten Übernachtungsmöglichkeiten bzw Couchsurfing nutzt. 

Unser nächstes Ziel ist der Sepik Fluss.  Da sind wir aber momentan noch in der Planungsphase.


Eure Michi :)



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