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Sonntag, 5. Januar 2025

Choroní - zwischen Karibik-Flair und Kakaoplantagen

 

Choroní, Venezuela

Es wurde wieder eine kurze Nacht. Bei den Nachbarn war nämlich eine riesen Karaoke-Party im Gange. Das Ganze war so laut, das selbst in meinem Schlafzimmer die Wände vibrierten. Es hörte erst auf, als um 1 Uhr nachts der Strom ausfiel. So kam ich wenigstens noch zu ein bisschen Schlaf, bis ich dann um kurz nach fünf zum Busbahnhof in Mérida musste. Ich hatte Glück, denn sobald ich dort ankam, startete bereits ein Bus nach Barquisimeto. Er war halb leer, also hatte ich ausreichend Platz es mir gemütlich zu machen. Die Fahrt dauerte aber um einiges länger, als ich dachte: ganze zehneinhalb Stunden! Kosten: 25 USD.


Barquisimeto war nur als Zwischenstopp auf meinem Weg nach Choroní gedacht. Ich blieb trotzdem zwei Nächte dort, da ich nur sehr ungern zwei Tage hintereinander so lange im Bus sitze. Ich muss zugeben, dass mich die Stadt nicht umgehauen hatte. Es ist laut, schmutzig und das Klima sehr heiß. 


Eine nervenaufreibende Anreise nach Choroní

Am Montag Morgen marschierte ich zum Busbahnhof in Barquisimeto. Auf meinem Weg nach Choroní musste ich in Maracay den Bus wechseln. Ein Herr am Busbahnhof überredete mich ein Por Puesto (= Sammeltaxi) nach Maracay zu nehmen, da diese viel schneller, komfortabler und nur gering teurer wären. Ich beschloss mir diesen Luxus zu gönnen. Kaum war mein Rucksack im Kofferraum verstaut, erklärte mir der Fahrer, dass es ihm mega leid tue, aber er würde nun doch nur nach Valencia fahren, da die anderen drei Fahrgäste dorthin müssten. Aber von dort aus wäre es super einfach einen Bus nach Maracay zu finden. Ich war natürlich nicht unbedingt erfreut, aber nahm es so hin. Am Weg nach Valencia wurden wir von einer Polizeikontrolle aufgehalten. Neben unseren Ausweisen wollten sie tatsächlich unser ganzes Gepäck kontrollieren. Wie man sich vorstellen kann, dauerte das eine halbe Ewigkeit. Sie nahmen meinen kompletten Rucksack auseinander. Ich habe wieder Trick 17 angewandt und gesagt ich könne kein Spanisch. Einer der Polizisten konnte etwa fünf Wörter auf Englisch, aber es war ihm irrsinnig peinlich es zu sprechen. Zudem haben ihn die anderen Polizisten jedes Mal herzlich ausgelacht, als er ein englisches Wort raushaute. Das heiterte wenigstens die Stimmung etwas auf. 


Nach einer Stunde kamen wir in Valencia an. Der Fahrer ließ mich vor dem Busbahnhof raus. Ich wollte gerade das Terminal betreten, als mich eine Polizistin herausfischte. Sie wollte meinen Pass sehen. Nachdem sie ihn ewig studiert hatte, beschloss sie, dass ich mitkommen musste. Das konnte doch nicht wahr sein! Wenn das so weiterginge, würde ich niemals in Choroní ankommen. Ich folgte ihr in das kleine Polizeirevier in der Nähe des Busbahnhofes. Dort zeigte sie meinen Pass noch ihren Chef. Danach wurde ich in eine Nebenkammer gebeten. Ich sollte meinen ganzen Rucksack leeren. Ich versuchte freundlich zu bleiben und begann mein ganzes Hab und Gut erneut auszupacken. Zwei Polizistinnen durchsuchten alles bis ins kleinste Detail. Sogar meine Ohropax hielten sie gefühlte Ewigkeiten in den Händen und beratschlagten was das wohl sei. Meine Frage was sie eigentlich suchen würden, beantworteten sie mir nicht wirklich. Ich versuchte gut aufzupassen, dass sie sich nichts einsteckten. Immerhin habe ich schon genug Horrorgeschichten über die Polizei in Venezuela gehört. Ich war froh, als ich aus ihrer Kammer entlassen wurde und bestellte mir erstmal einen Kaffee am Busbahnhof. Der nette Herr dort konnte mich etwas aufheitern und schenkte mir sogar den Kaffee. Den Bus nach Maracay fand ich sogleich und kaum eingestiegen startete er. Die Fahrt kostete 3 USD und dauerte eine Stunde. Dort stand dann auch schon der Bus nach Choroní parat, aber leider dauerte es etwa zwei Stunden bis dieser endlich startete. Die Hitze machte das Warten nicht gerade angenehmer. 


Dieser bunte, leicht ramponierte, uralte Schulbus im Retro-Stil sollte mich nach Choroní bringen ;)


Eine abenteuerliche Busfahrt

Die 50 km lange Strecke von Maracay nach Choroní war überaus abenteuerlich und spektakulär. Der Straße führt durch den Henri-Pittier-Nationalpark, eines der ältesten und artenreichsten Naturschutzgebiete des Landes. Zuerst ging es serpentinenmäßig etwa 1.200 Höhenmeter bergauf. Links und rechts dichter Dschungel. Aufgrund der mangelnden Fahrbahnbreite, der fehlenden Leitplanken und der steilen Abhänge ist diese Straße als eine der gefährlichsten des Landes bekannt. Das hinderte den Busfahrer jedoch nicht daran mit vollem Karacho dahinzubrettern. Aber vermutlich kannte er die Strecke bereits in- und auswändig. Wenn Gegenverkehr kam, lehnte sich der Bus so nah an den Abgrund, dass mir jedes Mal der Angstschweiß auf der Stirn stand. Die Einheimischen beeindruckte das alles herzlich wenig. Zwischendurch hielten wir an einem kleinen Bach. Kurzerhand öffnete der Fahrer die Motorhaube von der Rauch aufstieg. Er holte mehrere Eimer Wasser um irgendetwas im da drinnen abzukühlen. Was für ein Bild: ein rauchender Bus mitten im Nirgendwo, umgeben vom tropischen Regenwald. Auch das war für den Fahrer vermutlich Routine. Später mussten wir noch einmal halten, weil einem Mann übel wurde. Er torkelte aus dem Bus und musste sich 10 Minuten lang übergeben. Plötzlich wurde er ganz bleich und kollabierte. Nachdem ihm ein Kübel Wasser über den Kopf geschüttet wurde kam er langsam wieder zu sich. Es ging weiter. 

Eine holprige Ankunft in Choroní 

Nach 2,5 Stunden Fahrt stieg ich in der Nähe meiner Unterkunft aus dem Bus aus. Während ich so dahinwanderte, hatte ich irgdendwie das Gefühl, dass sich alles so leicht anfühlte. In dem Moment überkam es mich: Ich hatte meine Handtasche im Bus vergessen. Wie verrückt begann ich loszurennen, was ziemlich beschwerlich war mit dem schweren Rucksack am Rücken. Ich fragte ein paar Einheimische wohin der Bus gefahren wäre und rannte weiter. Plötzlich hielt ein Mann mit seinem Moped neben mir und fragte was los sei. Als ich ihm von meinem Missgeschick erzählte, forderte er mich auf mitzukommen und wir nahmen gemeinsam auf seinem Moped die Verfolgungsjagd auf. Ich hatte ein Riesenglück, denn im allerletzten Moment, bevor der Bus wieder die Rückfahrt angetreten hatte, konnte ich meine Tasche noch herausholen. Der liebe Mann brachte mich noch zu meiner Unterkunft "La Casa de Greisha". Es war die einzige halbwegs bezahlbare Unterkunft, die ich im Ort noch gefunden hatte (20 USD/Nacht). Aufgrund der Feiertage sind nämlich sehr viele einheimische Touristen hier. Die Inhaberin der Unterkunft - Greisha - war überrascht von meiner Ankunft. Sie hätte nicht mehr mit mir gerechnet. Zum Glück hatte sie noch ein Kämmerchen frei für mich. Morgen würde ich dann mein normales Zimmer bekommen. Was für ein verrückter Tag!


Ceviche, Cocada und Karbik-Feeling

Meine Unterkunft befand sich etwas außerhalb des Ortszentrums, worüber ich letztendlich sehr froh war. Ich spazierte am ersten Abend zur Uferpromenande, wo um einiges mehr los war, als ich erwartet hatte: Unmengen von venezolanischen Touristen und ausgelassene Stimmung in Kombination mit lauter Musik. Ich bestellte mir an der Strandbar eine leckere Cocada (Getränk aus Kokoswasser, Kokosmilch und Eis) und plauderte mit den Besitzern. Sie klärten mich auf, dass hier im Ort normalerweise nicht viel los sei, aber da gerade Ferienzeit sei steppt hier der Bär. 

Choroní wirkt fast wie aus einem Postkartenmotiv: bunte Häuser, die sich an die Hügel schmiegen und von dichtem Dschungel umgeben sind. Gleich daneben die Karbikküste. Hier in der Region wird zudem viel Kakao angebaut. 


Choroní, Venezuela

In den kommenden Tagen genoss ich jede Menge Ceviche aus frischem Fisch und noch mehr Cocada. Morgens trank ich gemeinsam mit Greisha Kaffee während wir über Gott und die Welt plauderten. 

Ceviche (roher Fisch in Limettensaft mariniert mit Zwiebeln, Koriander und Salz) mit frittierten Kochbananen :)

Der Pool meiner Unterkunft

Abseits des Trubels 


Im Ort selbst herrschte mir für meinen Geschmack etwas zu viel Trubel. Deshalb unternahm ich tagsüber ausgedehnte Wanderungen. Am ersten Tag ging es auf den Aussichtshügel Cerro el Cristo. Danach weiter zum Playa Tinikijima und Playa Diario. 

Choroní 

Blick vom Cerro el Cristo hinunter auf Choroní 

Faro Choroní 

Playa Grande, Choroní 



Am nächsten Tag war das verlassene Hotel Santa Barbara mein Ziel. Es wurde in den 1950er Jahren erbaut, war aber scheinbar nicht lange in Betrieb. Es sollte ein Luxusresort für wohlhabende Gäste werden. Das Hotel liegt auf einem kleinen Berg. Von der ehemaligen Straße da hoch ist nicht mehr viel übrig. Es geht einen kleinen Wanderpfad quer durch den üppigen Dschungel steil nach oben. Da ich aus meinen Schlangenbegegnungen in Venezuela gelernt habe, hatte ich diesmal einen Holzstock dabei. Zum Glück musste er nicht zur Abwehr in Einsatz kommen. Nach etwa zwei Stunden kam ich bei den Hotelruinen an. Das einst luxuriöse Hotel ist mittlerweile von der Natur zurückerobert worden. Das Ganze sorgt für eine mystische Atmosphäre. Ich genoss das atemberaubende Panorama noch eine Weile, bevor ich mich auf den Rückweg machte. 

Das verlassene Luxushotel Santa Barbara in Choroní 


Ein traumhafter Ausblick hinunter auf Choroní 

Nach der schweißtreibenden Wanderung gönnte ich mir ein erfrischendes Bad im Fluss von Choroní, welcher sich durch den Regenwald schlängelt.

Zeit für ein erfrischendes Bad 

Den Rest des Tages war ich damit beschäftigt mir zu überlegen wie es die nächsten Tage weitergehen sollte. Meine Tage in Venezuela sind nun gezählt. Bevor ich für meinen Weiterflug zurück nach Caracas muss, würde ich gerne noch Colania Tovar besuchen. Ich würde es zwar auch noch ein paar Tage in Choroní aushalten, aber bei Greisha konnte ich leider nur noch eine Nacht bleiben, da sie dann ausgebucht ist. Im ganzen Ort sind nur noch ein paar super teure Unterkünfte verfügbar. Ich beschloss also kurzerhand am nächsten Morgen weiterzuziehen. 

Greisha verabschiedete mich mit einer herzlichen Umarmung. Generell habe ich in Venezuela das Gefühl, dass man in den meisten Unterkünften mehr als nur ein Gast ist. Meist wird man als Teil der Familie aufgenommen. Viele meiner ehemaligen Gastgeber schreiben mir nach wie vor Nachrichten und erkundigen sich wie meine Reise so läuft. 


Für mich geht es nun weiter nach Colonia Tovar. Das mit der Unterkunft dort ist aber auch noch nicht ganz geklärt, da nach wie vor Ferienzeit ist und auch in diesem Ort fast alles ausgebucht scheint. 


Hasta luego!


Eure Michi :)




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