Caracas, Venezuela
Blick auf Caracas von El Avila. |
Ankunft in Caracas
Das Flugzeug von Madrid nach Caracas war halb leer. Wie ich mittlerweile erfahren habe, ist der Grund dafür, dass immer mehr Venezolaner aufgrund der Krise aus dem Land fliehen. Das heißt: Volle Flugzeuge verlassen das Land und zurück kehren sie halb leer. In dem Fall kam mir das natürlich zu Gute. Ich hatte eine ganze Sitzreihe inklusive Fensterplatz für mich alleine. Außer mir und einem langhaarigen, blonden Typen mit Badeschlappen waren wohl nur Venezolaner an Board.
Nach gut neun Stunden konnte ich auf Venezuela hinunterblicken. Leichte Nervosität machte sich in mir breit. Immerhin hatte ich unzählige Warnungen vor meiner Reise erhalten wie gefährlich das Land sei. Auch vor dem Immigrationsprozess hatte ich schon etwas Schiss, denn bereits da hatten ehemalige Reisende mir von Problemen mit den korrupten Beamten erzählt. Mein Plan war es so zu tun als könnte ich kein Spanisch. Diese Vorgehensweise stellte sich als ganz gut heraus. Die Beamten sprachen nämlich so gut wie kein Englisch und gaben es irgendwann auf mir nervige Fragen zu stellen. Auf ein Ausreiseticket, meine Wohnadresse in Caracas und sogar die ID-Nummer meines Gastgebers bestanden sie aber. Zum Glück antwortete mir Rodolfo sofort. Und siehe da, endlich hatte ich meinen venezolanischen Einreisestempel im Pass. Erste Hürde geschafft. Der Typ mit dem Badeschlappen wurde immer noch verhört...
Mittlerweile war es draußen stockdunkel. Leider konnte ich mir am Flughafen keine SIM-Karte kaufen, da die Shops bereits zu hatten. Nun begann also der richtige Nervenkitzel. Zuerst zum nationalen Flughafen gehen, so hatte Rodolfo es mir aufgetragen. Dort sollten regelmäßig Busse ins Zentrum nach Caracas fahren. Ich hatte ein Riesenglück, denn ich konnte das klapprige Teil sofort finden. Fünf USD kostete die Fahrt. Es war richtig drückend heiß ich schwitzte am ganzen Körper. Zum Glück hatte der Bus alle Fenster offen. Der Fahrtwind blies mir ins Gesicht und laute Latino-Musik ließ den Bus regelrecht vibrieren. Genau so liebe ich es! Es ging etwa eine Stunde lang steile Straßen nach oben, denn der Flughafen liegt auf Merreshöhe - also etwa 1000 Höhenmeter tiefer als die Hauptstadt. Rodolfo hat gemeint, er würde mich an der Bushaltestelle abholen. Ich konnte nur hoffen, dass er da war. Mitten in der Nacht alleine mit dem ganzen Gepäck durch Caracas zu irren war bestimmt keine gute Idee.
Kaum aus dem Bus ausgestiegen, winkte mir schon jemand zu. Was war ich froh Rodolfo zu sehen! Es waren etwa 15 Minuten zu Fuß zu seinem Zuhause. Auf den Straßen war viel los und es war laut. Überall weihnachtliche Beleuchtungen und Dekos. Das ist sie also, die berühmt berüchtigte Stadt, vor der mich jeder gewarnt hatte. Ich muss sagen, dass es sich absolut nicht angsteinflößend anfühlte hier herumzuspazieren. Rodolfo meinte, die Stadt sei in letzter Zeit viel sicherer geworden. Seit der Krise haben selbst die meisten Kriminellen das Land verlassen.
Sein Zuhause befindet sich im Stadtzentrum. Rodolfo hat uns ein Abendessen mitgenommen. So etwas ähnliches wie ein Döner Kebab. Wir unterhielten uns noch etwas, bis ich mich dann todmüde ins Land der Träume verabschiedete. Ich war froh um den Ventilator im Zimmer, denn es ist ziemlich warm hier.
Caracas bei Nacht |
Der erste Tag
Ich konnte super gut schlafen und erwachte erst 10 Stunden später. Als Überraschung des Tages eröffnete Rodolfo mir, dass das Wasser nicht funktioniert. Im schlimmsten Fall müssen wir jetzt tagelang warten bis es wieder kommt. Sowas passiere öfters. Na gut, dann fällt die Dusche wohl aus und der WC-Gang wird auf auswärts verschoben. Rodolfo arbeitet tagsüber von Zuhause aus. Er gab mir noch jede Menge Tipps was ich mir in der Stadt anschauen kann. Er versicherte mir auch mehrmals, dass es gar kein Problem sei, hier alleine herumzuwandern. Also gut, dann los. Leicht nervös trat ich auf die geschäftigen Straßen. Aber schon nach kurzer Zeit fühlte ich mich ganz wohl. Erste Mission: Eine lokale SIM-Karte besorgen. Das schaffte ich problemlos.
Den restlichen Tag erkundete ich das Stadtzentrum, wobei ich unter anderem einen Park, die Universität und ein paar Museen entdeckte.
Die Sache mit dem Geld
Ich glaube ich musste noch nie vorher im Leben so oft meinen Pass vorzeigen wie hier. In Caracas muss man in allen besseren Geschäften immer die ID-Nummer angeben, wenn man etwas kaufen möchte. Ich dachte zuerst das sein Scherz als die Supermarktverkäuferin meinen Reisepass verlangte, bloß weil ich zwei Äpfel kaufen wollte. Was man noch wissen sollte ist, dass man bei Kartenzahlung immer ganz schamlos nach dem Pin gefragt wird und die Verkäuferin einem diesen dann eingibt. Und das woran ich mich wohl auch erst gewöhnen muss ist, dass es hier mehr oder weniger zwei Währungen gibt. Die Bolivares, was eigentlich die offizielle Währung des Landes ist, aber durch die Hyperinflation komplett seinen Wert verloren hat. Deshalb wird eigentlich fast nur noch mit US-Dollar bezahlt. Es gibt aber nur die Scheine davon. Kleineres Wechselgeld bekommt man einfach in Bolivares zurück. Das ist dann eine ziemliche Rechnerei, wenn man das Wechselgeld prüfen möchte und es aus einem wilden Mix von US-Dollar und Bolivares besteht. Die Bankomaten geben übrigens nur Bolivares raus. Es wird aber keineswegs empfohlen diese zu nutzen, da der maximale Abhebbetrag bei umgerechnet etwa 20 € liegt und die Bank aber jedes Mal etwa 5 € Abhebegebühr verlangt. Zudem werden ausländische Karten so gut wie nie akzeptiert. In Caracas kann man aber in den Geschäften großteils mit der Karte zahlen, was ganz praktisch ist.
Einladung zu einer Filmpremiere
Ganz überraschend hat Rosa - eine Einheimische, die ich ebenfalls von Couchsurfing kenne - mich gestern Abend zu einer Filmpremiere eingeladen. Auch Rodolfo durfte ich mitnehmen. Rosa ist nämlich Journalistin und war deshalb arbeitsmäßig dort. Ich fühlte mich ziemlich fehl am Platz unter all diesen aufgetackelten venezolanischen Schönheiten. Ich staunte nicht schlecht als dann plötzlich Irene Esser, die ehemalige Miss Venezuela vor uns stand. Sie wurde auch beinahe Miss Universe. Irene Esser ist nämlich Hauptdarstellerin in dem Film. Während der Vorstellung bemerkte ich, dass mein Spanisch doch noch ziemlich ausbaufähig ist.
Eingeladen zu einer Filmpremiere |
Irene Esser, die ehemalige Miss Venezuela |
Mittwoch
Am Mittwoch war es meine Mission das Busticket nach Puerto La Cruz für den nächsten Tag zu kaufen. Erstmals probierte ich ein Mopedtaxi hier aus. Man kann es ganz einfach mit der Ridery - App anfordern und zahlt für eine 10-minütige Fahrt ca 1 USD. Als ich mich damit durch den wilden Stadtverkehr zum Busbahnhof fahren ließ und mir der Fahrtwind um die Ohren wehte kamen kurzzeitig richtige Afrika Gefühle hoch. Man muss anmerken, dass die lateinamerikanischen Männer richtige Gentlemans sind. Es werden Türen aufgehalten, geholfen den Mopedhelm vom Kopf zu bekommen *lach* und was auch sonst so anfällt. Bloß an das lästige Nachgepfeife und Zurufe wie "Guapa" oder "He, sch-sch!" muss ich mich wohl erst wieder gewöhnen.
Der Nationalpark El Avila
Nachdem ich mir mein Busticket ohne Probleme erhalten habe, beschloss ich ein ein wenig den El Avila Nationalpark zu erkunden. Er beherbergt den Berg Avila, der über der Stadt Caracas thront. Da es beteits 11 Uhr war hatte ich leider nicht mehr genügend Zeit um ganz auf den Gipfel zu kommen, aber es gibt sowieso jede Menge Trails. Tatsächlich gibt es sogar eine Seilbahn, die aber lediglich von Donnerstag bis Sonntag aktiv ist. Ich war erstaunt, dass ich nur auf sehr wenige Menschen traf, weiter oben war dann sogar gar niemand unterwegs. Dreimal kam mir ein Typ mit Uniform und kleinen, roten Augen auf einem Motorbike entgegen. Er sei für die Sicherheit hier zuständig, erklärte er mir. Scheinbar kam es hier in der Vergangenheit öfters zu Raubüberfallen. Ich war mir aber nicht ganz sicher, ob ich mich durch diesen Polizisten hier wirklich sicherer fühlte.
Ich war beeindruckt von der üppigen Vegetation und vor allem der bunten Vogelwelt.
Das hier ist ein Inca Jay oder auch Querrequerre genannt |
Am Abend spazierte ich mit Rodolfo noch ein bisschen durch Calendaria. Wir machten an einer kleinen Imbissbude Halt. Rodolfo stellte mir ein typisch venezolanisches Gericht vor: "Cachapa" - es besteht aus einer süßlichen Maisflade, welche mit Käse gefüllt war. Sehr lecker muss ich sagen, aber auch ziemlich üppig. Sowieso scheint mir das Essen hier recht fettig. Massenweise gibt es Fast Food, Burger, Empanadas und anderes frittiertes Zeug.
Mein erstes traditionell venezolanisches Gericht: "Cachapa" |
Goodbye Caracas
Meine Zeit hier in Caracas ist nun schon vorüber und ich froh sie gut überstanden zu haben. Mein Bild von dieser gefährlichen Stadt hat sich tatsächlich nicht bestätigt und ich bin sehr positiv überrascht. Natürlich muss man wissen, dass es nach wie vor sehr gefährliche Stadtteile gibt, die man besser meiden sollte.
Im Moment sitze ich im Bus nach Puerto La Cruz an der Karibikküste. Ich werde in Lechería - der angrenzenden Stadt - bei Victor couchsurfen. Ich bin schon gespannt was mich dort erwartet. Aber zuerst stehen mir 6 Stunden Busfahrt (20 USD mit Rodavías) bevor. Der Bus ist ganz gemütlich und hat sogar eine Toilette an Board. Es gibt eine Klimaanlage, die zum Glück nicht auf eiskalt eingestellt ist. Mein Sitznachbar hat soeben seinen Platz gewechselt, da es ständig auf ihn heruntertropfte. Ich bin gespannt, was es da sonst noch für Überraschungen gibt.
Hasta luego!
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