Mfangano Island, Kenia
Kisumu - die drittgrößte Stadt Kenias
Ziemlich spontan beschloss ich am letzten Montag in Richtung Viktoriasee aufzubrechen. Zuerst verbrachte ich drei ganz entspannte Tage in der Stadt Kisumu. Es handelt sich dabei um die drittgrößte Stadt Kenias, sie wirkt aber bei weitem nicht so hektisch wie Nairobi. Ich habe mir ein kleines Mini-Häuschen über AirBnB gemietet. Leider waren die Tage recht verregnet, aber ich schaffte es trotzdem in den paar trockenen Stunden am Morgen den Dunga-Beach und den Hippo Point zu besuchen.
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Dunga Beach: Hier wohnen vor allem Fischer. Am Strand gibt es jede Menge kleine Restaurants, die frischen Fisch verkaufen |
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Fischer bei der Arbeit |
Nächster Stopp: Mfangano Island
Mein nächstes Ziel sollte Mfangano Island sein. Es ist eine Insel im Viktoriasee mit einer Größe von etwa 65 km². Ziemlich problemlos konnte ich sogleich einen Couchsurfing-Gastgeber - Patrick - dort finden. Die Insel hat keine besonders ausgebaute Infrastruktur für Tourismus und ist eher ein Geheimtipp. Patrick lebt dort in einem einfachen Fischerdorf mit seiner Frau uns seinen sechs Kindern. Zudem kümmert er sich wohl um mehr als zehn Waisenkinder. Das hörte sich für mich natürlich alles sehr aufregend an. Etwas suspekt fand ich bloß, dass Patrick mich in den Tagen vor meiner Ankunft mehrmals täglich per Videotelefonie angerufen hatte, ich aber nicht wirklich wusste, warum genau *lach*. Immer wieder erklärte er mir, ich sei ein Geschenk des Himmels und er hätte die ganze Zeit dafür gebetet, dass ich komme. Ich hatte keine Ahnung, wieso er so etwas sagte bzw welche Erwartungen er an mich hatte.
Der Weg von Kisumu nach Mfangano
Am Donnerstag Morgen machte ich mich dann auf den Weg von Kisumu nach Mfangano Island. Zuerst musste ich mit einem Matatu (=Minibus) nach Luanda Kotieno (400 Ksh, 2 Stunden). Von dort aus ging es dann weiter mit einem sogenannten Water Bus (=Wasserbus) nach Mbita. Die Wasserbusse fahren 4x täglich zu fixen Zeiten ab. Die Fahrt dauert eine halbe Stunde und kostet 150 Ksh. In Mbita sollte ich auf Patrick warten, da er mich von dort abholen wollte. Er hat mich wieder irrsinnig oft angerufen, aber irgendwie scheinen wir Verständigungsschwierigkeiten zu haben, denn ich konnte nur schwer herausfinden wo er mich denn nun genau treffen wollte und vor allem wann.
Letztendlich schafften wir es aber uns zu finden. Patrick meinte, dass wir mit einem Kumpel von ihm nach Mfangano kommen könnten. Dieser hätte ein Motorboot und würde uns kostenlos mitnehmen. Wir warteten also. Ich denke es waren bestimmt drei Stunden, bis es dann endlich hieß, dass wir los können. Die Hitze und die intensive Sonneneinstrahlung hier am Äquator setzten mir etwas zu.
Wie sich herausstellte handelte es sich um ein ziemlich großes Holzboot mit Motorantrieb. Es wurde maßlos überladen mit Menschen und zuguterletzt kam auch noch ein Sarg mit an Board. Keine Ahnung, ob dort jemand drin war. Die Sonne brannte fürchterlich auf meiner Haut. Es gab keinen Schatten. Das Losfahren verzögerte sich aus diversen Gründen Ewigkeiten. Warum genau, kann ich nicht sagen. Es schien so, also würden sich die Leute zwischendurch ziemlich streiten. Dann kam noch eine Frauengruppe, die im Chor lautstark weinte. Sehr skurril. Außerdem hatte ich doch ein wenig Bedenken, mit so einem überladenen Holzboot nun fast zwei Stunden bis nach Mfangano zu fahren. Wenigstens gab es ein paar wenige Rettungswesten.
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Auf dem Weg nach Mfangano |
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Angekommen auf Mfangano Island |
Angekommen auf Mfangano Island
Was war ich froh, als wir endlich die Insel erreichten. Ich hatte einen ordentlichen Sonnenbrand ausgefasst. Patrick wohnt in einer sehr einfachen Lehmhütte. Er stellte mir seine äußerst liebenswürdige Frau Beatrice vor. Rund ums Haus tollten jede Menge Kids herum, die mich sofort neugierig beäugten. Anfangs waren sie noch recht schüchtern, aber sobald sie etwas auftauten, wichen sie keine Sekunde mehr von mir. Meine Unterkunft war etwa 50m von Patricks Haus entfernt. Ich durfte dort mit ein paar von den Kids schlafen. Es wurde mir sogar ein Bett mit Matratze zur Verfügung gestellt, während die kleinen Kinder am harten Boden auf einer Strohmatte ohne Kissen schliefen, was mir irrsinnig leid tat. Doch sie schienen das gewohnt zu sein.
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Auf dieser Matte schlafen drei der Kinder. Sie sind zwischen vier und sechs Jahre alt. |
Das simple Leben auf Mfangano
Die Menschen auf Mfangano Island leben fast ausschließlich vom Fischfang. Nachts sieht man ein großes Lichtermeer am See, welches von den vielen Fischerbooten kommt. Die Häuser haben kein fließend Wasser. Um sich zu waschen oder um Wäsche oder Geschirr zu waschen wird einfach an den See gegangen. Zudem wird das Seewasser auch zum Trinken und Kochen benutzt. Einige Häuser haben Strom, welcher jedoch nicht besonders verlässlich ist. Es kommt regelmäßig zu Ausfällen.
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Die Kids am Arbeiten |
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Hier wird Holzkohle hergestellt |
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Beim Baden im See |
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Die Dorffrauen gaben mir Nachhilfe im händisch Wäsche waschen |
Bilharziose und HIV
Bilharziose und HIV und die daraus resultierenden Folgen - z.B. wie jede Menge Waisenkinder, da die Elterns sehr früh sterben - gehören wohl zu den größten Problemen auf der Insel. Mfangano Island hat eine der höchsten HIV-Raten weltweit. Über 30% der Einwohner sind davon betroffen. Aus Gesprächen mit Einheimischen habe ich erfahren, dass einer der Gründe dafür wohl ist, dass Polygamie nach wie vor keine Seltenheit ist. Viele Männer haben mehrere Frauen, bzw führen eheähnliche Beziehungen mit mehr als einer Frau. Verhütungsmittel werden zudem nicht wirklich benutzt, wahrscheinlich zum einen aufgrund der Kosten, aber wie ich herausgefunden habe auch aufgrund mangelnder Aufklärung. Im Gespräch mit Beatrice habe ich erfahren, dass die Frauen unter der Polygamie oft sehr leiden, sie jedoch keine andere Möglichkeit haben, als dies hinzunehmen, da sie von den Männern abhängig sind.
Dann gibt es noch die Bilharziose - auch Schistosomiasis genannt. Das ist eine Tropenerkrankung, die durch einen Wurm - den Pärchenegel - ausgelöst wird. Nach Malaria ist die Bilharziose eine der verbreitetsten parasitären Infektionskrankheiten weltweit. Sie betrifft mehr als 230 Millionen Menschen. Kommt der Mensch mit verunreinigtem Wasser in Berührung dringen die Larven der Würmer in die Haut ein und wandern dann über die Blut- und Lymphgefäße in die Leberpfortader, wo sie sich zu reifen Prächenegeln entwickeln. Anschließend befallen sie vor allem Harnblase, Darm, Leber, Lunge und Gehirn. Der Mensch scheidet die Eier mit dem Stuhl oder Urin aus. Erste Symptome treten oft erst nach Monaten oder gar Jahren auf. Häufig haben die Würmer dann schon Organe irreversibel geschädigt. Der Viktoriasee gehört zu den Hochrisikogebieten für diese Krankheit. Dementsprechend war ich natürlich etwas beunruhigt, dass hier auf der Insel der See die einzige Möglichkeit ist sich zu waschen. Die Einheimischen meinen jedoch, dass es diese Krankheit hier nicht gibt. Vermutlich liegt auch das an der fehlenden Aufklärung, oder auch einfach daran, dass sie keine Alternativen zum See haben, und das Ganze deshalb einfach verdrängen. Auf alle Fälle habe ich bereits am zweiten Tag einen recht eigenartigen Ausschlag am Arm bekommen. Patrick meinte er käme von Moskitos. Diese Meinung konnte ich allerdings nicht teilen, da Moskitostiche bei mir ganz anders aussehen. Ich muss wahrscheinlich davon ausgehen, dass der Ausschlag die Eintrittspforte für die Wurmlarven ist, da ein solcher bekanntlich eines der ersten Symptome darstellt. Danach brauchen die Larven etwa 8-10 Wochen, um in die Leber zu kommen. Erst dann kann man die Krankheit nachweisen und auch behandeln. Es gibt zum Glück ein sehr wirkungsvolles Medikament dagegen, welches "Praziquantel" heißt. Ich war natürlich erst einmal irrsinnig beunruhigt, aufgrund dieser Sache. Mittlerweile konnte ich mich aber mit dem entstprechenden Medikament eindecken und werde es dann prophylaktisch nach den 8-10 Wochen einnehmen und das Ganze im Auge behalten.
Als ich in den folgenden Tagen die Kinder und Erwachsenen genauer beobachtete, konnte ich bei vielen solche Hautausschläge aber auch weitere Symptome wie aufgeschwemmte Bäuche beobachten. Aber dass das Bilharziose sein könnte, wollen die meisten nicht hören. Wenn Menschen hier frühzeitig mit 40 oder 50 Jahren sterben, heißt es einfach, dass sie krank gewesen seien. Es wird aber nicht näher darauf eingegangen. Es gab schon viele Hilfsorganisationen, die an den Schulen das Wurmmittel Praziquantel verteilt haben. Leider ist es aber ein Teufelskreislauf, denn sobald die Menschen wieder im See baden, stecken sie sich erneut an.
Meine Abenteuer auf Mfangano:
Gewitter
Gleich in der ersten Nacht zog ein richtig starkes Gewitter auf. Es herrschte Weltuntergangsstimmung. Der Regen, der aufs Wellblechdach prasselte, war unglaublich laut. Irgendwann tropfte dann auch Wasser durchs Dach auf mein Bett. Außerdem blitzte es ohne Ende. Ich hoffte nur inständig, dass diese Wellblechdach-Häuser irgendeine Blitzableitung haben. Für die Einheimischen war das aber nur ein ganz normales Gewitter, wie sie mir am nächsten Morgen berichteten.
Schlange unterm Bett
In der zweiten Nacht erlebte ich das nächste Abenteuer. Vor dem Schlafengehen leuchtete ich mit meiner Taschenlampe sicherheitshalber noch kurz unters Bett. Ich konnte es kaum glauben, als ich eine schwarze Schlange erspähte. Sofort rief ich die Kinder, die bei mir im Haus waren. Einer der Jungs kam mit einem Holzast und fixierte die Schlange gleich gekonnt. Mit einer Metallschaufel trennte er ihr im nächsten Moment den Kopf ab. Dann wurde das zerstückelte Tier nach draußen gebracht. Es handelte sich um eine etwa 30cm lange, schwarze Schlange. Die genaue Art konnte mir keiner sagen. Auf alle Fälle gibt es hier auch sehr giftige Exemplare wie die Schwarze Mamba. Aber darüber wollte ich nun nicht länger nachdenken. Am Tag zuvor hatte Patrick mir noch versichert, dass es Schlangen nur weit oben im Wald gäbe *lach*.
Begräbnis
Am Freitag nahm Beatrice mich mit auf ein Begräbnis. Ich staunte nicht schlecht als es dort plötzlich zu einer Rauferei kam. Auf einmal war der Pfarrer auf seiner Kanzel Nebensache und alle starrten nur noch auf die Raufbolde. Irgendwann beruhigte sich die Lage wieder. Die Zeremonie zog sich bereits seit über drei Stunden in die Länge, weshalb ich dann beschloss vorzeitig zu verschwinden. Beatrice wollte mich aber keinesfalls alleine gehen lassen und begleitete mich. Ich hoffe sie hat es mir nicht allzu übel genommen, aber ich hatte einfach kein Sitzfleisch mehr. Zudem verstand ich sowieso kein Wort.
Sonntagskirche
Ähnlich erging es mir in der Kirche am Sonntag. Die erste Stunde war es noch ganz spannend. Es wurde ausgelassen getanzt und gesungen. Dann wurde ich ans Mikrofon gebeten. Ich sollte mich vor der Kirchengemeinde vorstellen. Solche Momente mag ich eigentlich nicht besonders gerne, aber ich hatte tatsächlich schon damit gerechnet, da die Kenianer solche Vorstellungsrunden lieben. Ich hielt es kurz und bündig, daraufhin folgte ein freudiges Klatschen. Von der Predigt verstand ich natürlich nicht viel. Sie zog sich ewig in die Länge. Das Problem war zudem, dass die Lautsprecher irrsinnig laut eingestellt waren. Irgendwann hatte ich richtige Kopfschmerzen von dem Lärm. Nach guten drei Stunden habe ich mich so unauffällig wie möglich aus dem Staub gemacht.
Mfangano Museum
Am Samstag wollte Patrick mir das Museum der Insel zeigen. Der Eintritt waren bloß 200 Ksh. Letztendlich muss ich aber sagen, dass es nicht einmal das wert war. Es wirkte als ob sich die letzten 50 Jahre niemand mehr darum gekümmert hatte. Eigentlich war es nur eine einzige staubige Rumpelkammer, in der ein paar alte Gegenstände herumlagen. Mein sozusagener Guide erklärte mir ein paar der Dinge. Als er mir einen uralten Salzstein zeigte, befeuchtete er seinen Finger mit Speichel, strich dann über den Stein und wollte mir daraufhin tatsächlich seinen Finger in den Mund stecken, um mir zu beweisen, dass es sich tatsächlich um Salz handelte. Ich lehnte dankend - und leicht schmunzelnd - ab, und hoffte dass er mir das nicht als allzu unfreundlich anrechnet. Ich bin ja wirklich kein Freund von übertriebener Hygiene, aber so so eine gewisse Grenze gibt es dann doch.
Ansonsten war ich viel mit den Kindern im See schwimmen, habe Beatrice beim Kochen geholfen oder Sachen am Markt für sie eingekauft. Ihr Essen schmeckte immer vorzüglich. Meistens gibt es Ugali (=Maismehlbrei), Chapati (=Fladenbrot), Mungobohnen und/oder Fisch. Zudem half ich Patrick eine Spenden-Webseite für die Waisenkinder zu machen.
Nilpferdalarm
Als ich eines schönen Nachmittags wieder zum See wollte und zwei der 6-jährigen Mädels fragte, ob sie mitkommen möchten, zögerten sie anfangs etwas. Doch alleine wollten sie mich auch nicht gehen lassen. Ich warf mich in die Fluten, die wenigstens für ein bisschen Abkühlung sorgten, wenn auch das Wasser recht warm ist. Nach wenigen Minuten wollten die Kleinen wieder raus. Komisch, sonst sind sie doch so gerne hier. Irgendwann kam der große Bruder angelaufen und begann mit ihnen in ihrer Stammessprache Luo ganz nervös zu schimpfen. Mir erklärte keiner was los war. Erst später erfuhr ich, dass gerade an diesem Tag einige Nilpferde an unserem Strand gesichtet worden sind und es deshalb nicht ratsam war zu schwimmen, da die Tiere ja bekanntlich recht gefährlich sind.
Tatsächlich lernte ich in den kommenden Tagen noch zwei weitere Muzungus (= Weiße) auf der Insel kennen. Victor aus Frankreich und Lorenzo aus Italien. Sie sind Freiwilligenarbeiter auf einer Farm ganz in der Nähe von mir. Wir trafen uns öfter zum Spazieren und tauschten unsere Erlebnisse aus.
Wanderung auf den Mount Kwitutu
Die höchste Erhebung der Insel ist der Mount Kwitutu mit seinen 1.694m. Victor, Lorenzo und ich planten diesen Berg am Montag zu besteigen. Mein Gastgeber Patrick wollte unbedingt mit. Ich war eigentlich nur mäßig von der Idee begeistert, da ich wusste wie ungern er zu Fuß unterwegs ist und hatte Bedenken, dass er dann schon vorzeitig umdrehen möchte. Er ließ es sich aber nicht nehmen. Wir trafen uns also am Morgen. Komischerweise verhielt sich Patrick irrsinnig unfreundlich zu meinen zwei Freunden. Wir wollten eigentlich eine ausgedehnte Rundwanderung machen, aber Patrick meinte er sei der Chef und wir sollten ihm einfach folgen. Da wir keinen Streit wollten, gaben wir wir nach. Patrick redete fast nichts und die Stimmung war sehr angespannt. Mir war das tatsächlich ein bisschen peinlich vor Lorenzo und Victor. Die Wanderung an sich war sehr schön, aber nicht sonderlich lang. Es waren insgesamt vielleicht 500 Höhenmeter und 7 Kilometer. Ganz oben am Berg wohnen sogar noch Leute. Diese verlangten Geld dafür, dass wir ihr Land betreten. Wir konnten aber von 1.000 Ksh auf 200 Ksh herunter handeln. Wieder zu Hause angekommen, schoss Patrick dann den Vogel ab: Ich bekam mit wie er zu den zwei Jungs hin ist und sie ihm Geld in die Hand drückten. Wie ich später herausgefunden habe, hat er sie dazu gedrängt ihn zu bezahlen, da er ja die Wanderung mit uns gemacht hat. Das war wirklich eine bodenlose Frechheit, denn eigentlich wollten wir alleine los. So wie an diesem Tag hatte ich Patrick vorher noch nie erlebt.
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Ich, Victor, Patrick und Lorenzo |
Der Waisenhaus Betrug
Die Sache mit der Wanderung, als Patrick meine Freunde so abgezockt hatte, ließ mir keine Ruhe. Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ich dem Menschen nicht mehr sonderlich traue. Auf einmal stellte ich auch die Sache mit den Waisenkindern in Frage. Komischerweise essen diese nämlich nie mit uns und abends verschwinden sie immer. Ich kenne solche Betrügereien bereits vom Hörensagen: Da behauptet jemand ein Waisenhaus zu haben und sammelt fest Spenden ein. Wenn dann die Hilfsorganisationen vor Ort kommen, werden einfach die Nachbarskinder gerufen und als Waisenkinder vorgestellt.
Ich wollte der Sache nun auf die Spur kommen. Die Kinder selbst konnten mir nicht wirklich weiterhelfen, da sie fast kein Englisch sprechen. Ich beauftragte Lorenzo und Victor bei ihrem Gastgeber nachzufragen, ob dieser Patrick kenne. Wie wir herausfanden kennt der ihn sogar ganz gut. Er bestätigte meine Vermutung: Patrick hat überhaupt keine Waisenkinder. Er sei für seine Betrügereien schon bekannt. Zudem wäre er auch dem Alkohol nicht abgeneigt und versaufe immer wieder viel Geld, während seine Frau hart arbeitet, um irgendwie an Geld zu kommen, damit sie ihre sechs Kinder satt bekommt.
Vorzeitige Abreise
Ich war sehr enttäuscht über diesen Vertrauensbruch, deshalb beschloss ich morgen, am Dienstag, vorzeitig abzureisen. Immerhin war ich eh schon fünf Tage hier. Den Grund wollte ich Patrick erst sagen, wenn ich schon weg war, da ich eine Eskalation befürchtete. Als ich ihm von meinen Plänen erzählte war er wenig begeistert und erwähnte immer wieder ich sollte doch für die Waisenkinder spenden und unbedingt auch all meinen Freunden und Verwandten sagen, dass sie spenden sollen. Das war also sein Plan hinter diesen Lügen. Ich machte vorerst gute Miene zum bösen Spiel. Am Abend kaufte ich noch viele Lebensmittel und ein paar Leckereien für die Familie, immerhin haben sie mich die letzten Tage mit leckerem Essen versorgt. Beatrice zeigte sich sehr dankbar.
Am Morgen meiner Abreise hielt ich es aber nicht mehr aus und musste Patrick sagen, wie enttäuscht ich von der Abzocke meiner Freunde war. Seine Antworten waren aber wie vermutet nur faule Ausreden: Er hätte mit ihnen im Vorhinein ausgemacht, dass sie ihn zahlen müssten, usw. Das stimmte natürlich nicht. Als ich das mit den Waisenkindern ansprach wurde er ganz nervös. Hektisch begann er irgendwelche Freunde von ihm anzurufen und drückte mir das Telefon in die Hand mit der Erklärung, ich sollte diese doch fragen ob er lügen würde oder nicht. Das war mir zu blöd, immerhin wusste ich nicht was er ihnen vorher auf ihrer Sprache gesagt hatte und konnte mir auch vorstellen, dass sie zusammenhalfen. Patrick sah es nun kommen, dass ich ihn nicht mehr dabei unterstützen werde, Spenden für seine Waisenhaus-Geschichte zu sammeln. Ich verabschiedete mich herzlich von seiner Frau - von der ich doch das Gefühl habe, dass sie eine gute Seele ist - und von den Kids. Die Verabschiedung von Patrick lief verlief eher kalt.
Mit gemischten Gefühlen verließ ich die Insel. Auf der einen Seite hatte ich ganz wundervolle Erfahrungen hier und wurde auch die meiste Zeit super lieb behandelt. Ich weiß aber auch, dass Patrick Menschen betrügt und ihm einige Leute regelmäßig Geld "spenden", das er dann eigentlich nur versäuft, bzw ihn dazu animiert weiterhin nicht arbeiten zu müssen.
Letztendlich möchte ich die Erfahrungen aber nicht missen und es war wieder einmal eine Schule fürs Leben!
Mein nächstes Ziel ist der kleine Ort Sindo am Festland, welcher auch direkt am Ufer vom Viktoriasee liegt. Dort werde ich wieder bei einer einheimischen Familie couchsurfen.
Bis bald,
Eure Michi :)
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Hallo Michaela, nach dem ich deinen Artikel gelesen habe, hoffe ich, du bist nicht jetzt nicht von Kenia enttäuscht. Es gibt überall immer wieder Betrüger. Leider. Ich bin seit 30 Jahren in Kenia unterwegs und habe auch schon oft so etwas erlebt. Vor allem bei den Männern. Die Frauen sind die Säule der Gesellschaft, dort. Ich habe sogar schon Geld verliehen - an eine Kenianerin, die einen Friseursalon eröffnen wollte.Sie hat mir das Geld auf den Cent zurrückgezahlt und hat heute drei Salons in und rund um Mombasa.
AntwortenLöschenAls ich am Victoria See war, habe ich auch dort gebadet und keine Parasiten bekommen. Allerdings stimmt die Geschichte. Es ist wirklich nicht ohne. Toller Bericht, gerne gelesen.
Liebe Marion
LöschenNein, keine Angst, ich bin keinesfalls von Kenia enttäuscht. Mittlerweile bin ich seit über vier Monaten hier und habe fast alle Ecken des Landes bereist. Je länger ich hier bin, desto mehr fange ich an Kenia zu mögen. Neben unendlich vielen wunderschönen Erlebnissen, kann ich die negativen Ereignisse locker an einer Hand abzählen.
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar!
Liebe Grüße von Lamu Island,
Michaela :)
Liebe Michi,
AntwortenLöschenMfangano Island hatte ich eh schon auf dem Schirm, aber nach unserem Gespräch neulich noch viel mehr - und nun habe ich den Eindruck, dass ich direkt hin muss. Nicht unbedingt zu Patrick, aber es gibt ja mehrere Möglichkeiten (gibt auch ne Lodge da, hab ich vor paar Tagen gesehen). Dass er dich so skrupellos hintergangen hat, finde ich echt krass - gerade unter Couchsurfing-Leuten sollte das nicht der Fall sein. Ich hoffe, du hast eine entsprechende Bewertung geschrieben - ich finde sogar, dass man ihn melden müsste.
Dass die HIV-Rate auf Mfangano so hoch ist, war mir nicht bekannt. Das ist wirklich krass. Wir haben das Problem bei uns in Kiambu im Moment zum Glück nicht ganz so dolle.
Liebe Grüße von Miriam von Nordkap nach Südkap
Liebe Miriam
LöschenOh ja, Patrick wurde von mir auf der Couchsurfing Webseite gemeldet. Wie du schon sagst, gerade auf einer solchen Plattform ist Vertrauen sehr wichtig. Zum Glück sind solche Begegnungen eine äußerste Seltenheit. Aber ich habe auch wieder eine Lektion gelernt und man sollte nicht zu gutgläubig sein.
Ganz liebe Grüße von Lamu Island :)
Liebe Michi,
AntwortenLöschenes ist einfach traurig, dass es überall wo Menschen sind auch gleichzeitig das Thema Betrug auf dem Tisch liegt. Das Problem dabei ist doch hauptsächlich, es wird allen, die auf ehrliche Weise helfen und unterstützen möchten, wahnsinnig schwer gemacht. Denn wem kann man trauen? Werde ich wieder hintergangen? Diese Fragen schwingen dann immer mit. Einfach nur kontraproduktiv im Miteinander und wirkungsvollen Unterstützen.
Liebe Grüße, Katja
Liebe Katja
LöschenJa, das habe ich mich nach dem Vorfall auch gefragt: Wem kann man wirklich vertrauen? Ich denke es ist immer wichtig, die Dinge kritisch zu hinterfragen und nicht zu gutgläubig zu sein. Aber meistens vertraue ich sehr auf mein "Bauchgefühl" bzw meine innere Stimme, wenn es darum geht Menschen zu vertrauen. Und meist lässt mich das auch nicht im Stich.
Liebe Grüße :)
Liebe Michi,
AntwortenLöschenein solcher Vertrauensbruch trübt natürlich die schönen Erlebnisse. O.K. auf das Erlebnis mit der Schlange hätte ich gern verzichtet... ;)
Aber zurück zum Betrug. Eine Freundin von mir hat vor ein paaar Jahren tatsächlich in einem Kinderheim in Afrika (mit)gearbeitet für insgesamt 3 Monate. Dieses Kinderheim gab es auch wirklich und es wurde aus Spendengeldern aus Deutschland finanziert. Sie hat dann feststellen müssen, dass das Geld leider nur in Teilen für die Arbeit im Kinderheim gelandet ist. Sie war davon auch sehr enttäuscht... ich finde es total schade, dass viel zu oft die Gutmütigkeit der Menschen ausgenutzt wird. Meine Freundin ist seit dem natürlich auch viel argwöhnischer. Verständlich... ehrliche Projekte haben es dann leider zukünftig viel schwerer.
Liebe Grüße
Tanja
Liebe Tanja
LöschenJa solche Vorfälle sind wirklich traurig. Ich denke man sollte mit "helfen" und "spenden" auch nicht zu naiv oder gutgläubig sein und die Dinge auch wirklich kritisch hinterfragen. Diese Lektion habe ich aus der Sache auf alle Fälle gelernt. Aber oft ist es leider gar nicht so einfach, solchen Betrügereien auf die Schliche zu kommen...
Liebe Grüße :)