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Montag, 20. November 2023

Farmarbeit in Neukaledonien

 

Der nächste Nachbar liegt viele Kilometer entfernt und um in das nächste Dorf zu kommen muss man mindestens eine Stunde lang mit dem Geländewagen einer unasphaltierten, extremst holprigen Straße folgen. Dabei sind zudem noch drei Flüsse zu durchqueren. Die Farm, auf der ich nun schon seit einer Woche arbeite, befindet sich also ziemlich ab vom Schuss. Umgeben von kleinen Bergen - wir Österreicher würden vielleicht "Hügel" dazu sagen (der höchste davon ist gut 1.000 m hoch) - und einer Unzahl von glasklaren Flüssen. In den Wäldern lassen sich Rehe, Pfaue, Papageien und mit etwas Glück auch Wildschweine finden. Und das beste: Scheinbar gibt es keine Schlangen oder sonstigen gefährlichen Tiere. Ein wahrliches Paradies also! 



Gegen ein paar Stunden Arbeit am Tag darf ich bei Eric auf der Farm kostenlos schlafen und essen. Eric lebt die meiste Zeit hier, während seine Frau nur am Wochenende kommt, da sie unter der Woche in Nouméa arbeitet. Die beiden haben also ein zweites Haus in der Hauptstadt. Im Moment ist neben Eric und mir noch ein weiterer junger Franzose als Freiwilligenhelfer auf der Farm: der 30-jährige Vivien. Und wie ihr euch wahrscheinlich schon denken könnt, spricht keiner der beiden Englisch. Vivien meinte zwar, er würde ein paar Worte können. Wie sich herausstellte beschränken sich diese jedoch lediglich auf "yes" und "no". Zum Glück gibt es den Google-Translator! Das Gute an der Sache ist, dass ich nach einer Woche nun wirklich schon das Gefühl habe mich ein wenig auf Französisch verständigen zu können. 


Hausgemacht

Auf Eric's Farm ist das meiste selbstgemacht. Er hat ein riesiges Grundstück, auf welchem er Gemüse (Kürbis, Gurken, Tomaten, Kräuter) und Obst (Papaya, Ananas, Mangos, Himbeeren, Litschis, Granatapfel, Orangen, Zitronen, Pomelos, Marillen,...) anbaut. Leider ist das meiste im Moment nicht reif. Lediglich die Himbeeren, die Papaya und die Tomaten können wir zur Zeit ernten. Außerdem hat Eric Hühner - und somit täglich frische Eier - und normalerweise auch noch Schweine, welche aber vor kurzem geschlachtet wurden. In seiner Freizeit geht er jagen und fischen. Er stellt seine eigene Wurst her und braut sogar sein Bier selbst - das Himbeer-Bier ist ein Traum! Nicht zu vergessen sind die Bienen, wodurch er super leckeren Honig hat. Strom bekommt er aus Solarzellen und das Wasser von den Flüssen. Er ist also zu einem großen Teil Selbstversorger. 



Mein Tagesablauf

Der Tag auf der Farm startet früh. Da es um kurz vor fünf Uhr bereits langsam hell wird, erwache ich meistens auch um diese Zeit. Um kurz nach sechs frühstücken wir drei gemeinsam, dann geht es für mich zu den Tieren: Hühner füttern, Eier holen, usw. Vivien hilft Eric bei diversen Baustellen. Unter anderem bauen sie gerade ein weiteres Gebäude, das als Schlachterei dienen soll. Ich helfe ihnen dabei manchmal bei Kleinigkeiten. Ansonsten habe ich die neuen Bienenhäuser bemalt und beim Verliefern der Erde mit einem kleinen Muli geholfen. Da bin ich übrigens super stolz drauf, da ich seit etwa acht Jahren kein Fahrzeug mehr gefahren bin. Es war also eine richtiges Erfolgserlebnis nach so einer langen Zeit noch ein Gefährt bedienen zu können. Eric empfand meine Fahrkenntnisse sogar ausreichend, um mir zuzutrauen alleine bis ins Dorf - welches übrigens Boulouparis heißt - zu fahren, damit ich Vivien abholen konnte. Dieser ist nämlich übers Wochenende campen gegangen. Es war schon recht abenteuerlich auf der holprigen Straße mit all den Schlaglöchern und Fussdurchquerungen auf mich alleine gestellt zu sein. Dabei durchquerte ich auch einige Privatgrundstücke, welche alle mit einem Tor und Zahlenschloss verriegelt sind. Ich musste mir also sämtliche Codes vor der Fahrt notieren. 


Mein neues Gefährt: der Muli ;)


Wir arbeiten normalerweise von sieben bis elf Uhr. Dann wird das Mittagessen gekocht bzw kocht Eric das Mittagessen und wir helfen ihm wenn Bedarf ist ;) Er ist übrigens ein fantastischer Koch! Bis 15 Uhr haben Vivien und ich dann sozusagen frei. In dieser Zeit gehe ich eigentlich immer zum Fluss. An ein paar Stellen ist er so tief, dass man gut schwimmen kann. Danach gibt's eine kurze Yoga-Einheit. Um 16 Uhr werden die Pflanzen gwässert und das war´s dann auch schon. Die Arbeit macht mir irrsinnig viel Spaß und ist auch nicht sonderlich anstrengend. Eric kümmert sich gut um uns und versichert sich stets, dass wir genügend Kaffeepausen machen.


An diesem wunderschönen Fluss verbringe ich täglich meine langen Mittagspausen mit Schwimmen und Yoga


Tagsüber hört man Unmengen an verschiedensten Vogelgesängen. Einige davon klingen äußerst skurril, wie beispielsweise der Pfau. Anfangs dachte ich es gäbe hier Katzen, da sich seine Laute eher wie ein hysterisches Miauen anhören.


"Sturmfrei"

Von Freitag Nachmittag bis Sonntag Abend hatte ich sozusagen "sturmfrei Bude" auf der Farm. Eric musste in die Hauptstadt für ein paar Feierlichkeiten und Vivien nutzte seine freien Tage, um campen zu gehen. Ich war also mit Jaika - Eric's Hund - und den Hühnern alleine. Da hatte ich auch nichts dagegen. Mein Plan war es sowohl am Samstag wie auch am Sonntag wandern zu gehen. Womit ich aber nicht gerechnet hatte war, dass ich dazu noch ein weiteres Privatgrundstück durchqueren musste und dies scheinbar nicht sonderlich erwünscht ist. Eric musste die Nachbarn anrufen und um Erlaubnis bitten. Die Besitzerin bestand darauf mich am Tor zu ihrem Grundstück abzuholen. Das war mir ziemlich unangenehm, ich schließlich niemanden Umstände machen wollte. Die Grundstücke sind alle irrsinnig groß, so kann man locker mal zwei Stunden damit verbringen ein solches zu durchqueren. 


Am Samstag um Punkt sieben Uhr morgens stand ich also am Tor zum Nachbargrundstück. Eine ältere Dame kam mir entgegen und drückte mir kurzerhand links und rechts ein Küsschen auf die Wange. Ihr Name ist Valerie und sie spricht tatsächlich ein bisschen Englisch. Es folgte ein etwa 30-minütiger Fußmarsch mit vier Flussdurchquerungen bis wir an ihrem super idyllischen Holzhäuschen ankamen. Ganz stolz zeigte mir Valerie ihr schönes Zuhause. Sie erklärte mir genau welche Wege ich nehmen musste, um zu meinem Ziel dem Mont Do auf 1.024 m Seehöhe zu kommen. Nachdem ich ihr versprochen hatte, nach der Wanderung noch kurz vorbei zu schauen, damit sie sich versichern könnten, dass mir nichts passiert sei, konnte ich die Wanderung starten. 


Das Zuhause von Valerie. Sie kauft viele Dinge auf Flohmärkten auf und bastelt daraus die tollsten Dinge. 


Vom Mont Do hat man Ausblick bis zum Meer :)

Es gibt hier kostenlose Schutzhütten in den Bergen, die jedem zugänglich sind. Sie sind tatsächlich in einem tadellosen Zustand inklusive Regenwasserspeicher, Plumsklo und Matratzen.   


Etwa fünf Stunden später kam ich wieder bei Valerie und ihrem Ehemann an. Die beiden servierten mir sogleich Kaffee und Kuchen und schienen sich sehr über meinen Besuch zu freuen. Während wir auf der Terrasse saßen spazierte plötzlich ein wilder Pfau in den Garten. Valerie erzählte mir schmunzelnd, dass dieser bereits seit drei Wochen täglich vorbeikomme, da er sich wohl in ihr Huhn verliebt hatte. Während sie das sagte, fing das Schauspiel schon an: Der Pfau begann seine Schwanzfedern zu spreizen und um das Huhn herum zu tanzen. Dieses würdigte ihn jedoch keines Blickes. Nach etwa 20 Minuten gab er schlussendlich auf. Was für ein spektakulärer Auftritt!


Der Pfau versucht mit dem Huhn zu flirten ;)


Da Valerie und ihr Mann nicht jagen, kommen auch regelmäßig Rehe ganz nahe an ihr Haus. Die beiden luden mich ein, am Abend mit ihnen auf "Rehsafari" zu gehen. Da sagte ich natürlich nicht nein. Sie holten mich um kurz nach 17 Uhr mit ihrem Geländewagen von meiner Farm ab. Die nächsten zwei Stunden fuhren wir querfeldein und sahen wirklich massenweise Rehe aus nächster Nähe. Interessanterweise haben die Tiere vor Fahrzeugen weniger Angst als vor Menschen, wenn sie zu Fuß kommen. 


Auf Rehsafari ;)


Am Sonntag starte ich eine weitere Wanderung. Diesmal sollte der Mont Mé Nejuu auf 566m Höhe das Ziel sein. Diese Tour war fast noch schöner, als die am Tag zuvor. Es ging die meiste Zeit einem wunderschönen Fluss entlang, der etliche Möglichkeiten für eine Abkühlung bot. Unglaublich beeindruckend fand ich zudem die Unzahl an bunten Vögeln, die ich in den Wäldern beobachten konnte. 


Auch hier gibt es wieder einfache, kostenlose Unterkünfte für Wanderer. Hier muss man jedoch eine Matte und den Schlafsack selbst dabei haben. 

Ein toter Pfau am Wegrand


Mittlerweile sind meine Tage auf der Farm schon wieder gezählt. Morgen geht es für mich bereits wieder nach Nouméa. Eric wird wird am Vormittag zurück auf die Farm kommen und mich nach Boulouparis fahren. Von da aus fahre ich dann mit dem Bus weiter. Im Moment sind Vivien und ich also alleine auf der Farm. Eric hat uns zwar ein paar kleine Arbeiten aufgetragen, es bleibt aber noch ausreichend Zeit zum Entspannen und Genießen der Ruhe. 


Es war auf alle Fälle eine super gelungene Woche mit vielen spannenden Erlebnissen hier an diesem abgelegenen Ort. Zudem habe ich viel Neues gelernt z.B. wie man Honig gewinnt, wie man einen Muli fährt, usw ;)



=> Hier findest du noch mehr Fotos und Videos von Boulouparis & Umgebung <=




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