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Freitag, 16. Februar 2024

In der Einsamkeit des Pelorus Sounds: Meine Zeit in Whakatahuri

 

Nach dem aufregenden Goldgräberabenteur ging es am Dienstagmorgen dann weiter. Mein nächstes Ziel: Kaikoura. Ich werde am Weg dorthin noch eine Nacht in Nelson verbringen. Ich machte mich also per Autostopp auf den Weg dorthin. Habe ich schon einmal erwähnt, dass Neuseeland ein Paradies für Tramper ist? Es ist wirklich super einfach hier eine Mitfahrgelegenheit zu finden. 


Ich entschied mich wieder eine Nacht im "Crystal Meth Hostel" zu verbringen. Am Mittwoch brach ich schließlich in Richtung Kaikoura auf. Ela hat mir dort einen Kontakt vermittelt, bei dem ich kostenlos unterkommen kann. Die sonstigen Unterkünfte waren nämlich wieder restlos ausgebucht. 


Eine unerwartete Wendung 

Doch wie so oft kam alles anders als geplant. Nach einer über zweistündigen Fahrt erreichte ich gerade Blenheim, etwa auf halber Strecke nach Kaikoura, als plötzlich eine Nachricht von Natalie - einer Workaway-Gastgeberin - auf meinem Handy aufploppte. Sie lebt mit ihrem Mann Gavin völlig abgeschieden im Pelorus Sound. Es handelt sich dabei um einen weit verzweigten Meeresarm mit vielen kleinen Inseln und Fjorden im Norden der Südinsel. Das wäre ein absoluter Traum! Das Problem ist, dass man dort nur schwer hinkommt: Entweder eine 4,5-stündige Reise, davon zwei Stunden mit dem Auto und 2,5 Stunden mit dem Boot, oder einmal in der Woche mit dem "Mailboot" - also ein Postboot. Da Gavin gerade zufällig in Nelson war, könnte er mich mitnehmen. Dazu müsste ich aber zurück nach Nelson - also genau dorthin wo ich gerade herkam. Ich setzte mich in Blenheim erstmal in ein Café, um über meine Optionen nachzudenken. Das nächste Problem war nämlich, dass meine Reise schon dem Ende zugeht und ich am 24. in Auckland sein muss. Laut Natalie wäre die erste Möglichkeit, von ihrem Zuhause wieder wegzukommen der 23. mit dem Mailboot. Das würde natürlich alles extrem knapp, immerhin ist der Weg nach Auckland weit. Nach reiflicher Überlegung beschloss ich jedoch das Risiko einzugehen. Es war eine einmalige Chance für ein letztes richtiges Abenteuer vor meiner Heimreise. 

Es ging also den ganzen Weg zurück nach Nelson. Unglaublich, wie oft ich auf dieser Reise so kurzfristige Planänderungen vorgenommen habe.

Der abenteuerliche Weg von Nelson nach Whakatahuri

Gegen 18 Uhr traf ich Gavin, einen etwa 70-jährigen, mega freundlichen und ruhigen Neuseeländer. Es konnte losgehen: Zwei Stunden Fahrt nach Elaine Bay. Dort wartete sein uraltes Fischerboot auf uns. Damit sollte es nun zu ihm nach Hause nach Whakatahuri gehen. Gavin erzählte mir, dass seine Vorfahren alle in Whakatahuri gelebt haben und Bootsbauer und Fischer waren. Früher wohnten dort mehrere Menschen - alles Verwandte. Es gab sogar eine kleine Schule. Heute sind nur noch er und Natalie dort. Langsam wurde es dunkel. Leider konnte ich aufgrund der Dunkelheit nicht viel von der eindrucksvollen, zerklüfteten Landschaft sehen. Zwischendurch begann das Boot ordentlich zu rauchen. Gavin meinte, dass etwas nicht stimmen würde. Das fand ich nicht gerade beruhigend hier am offenen Meer mitten in der Nacht. Ich mag zwar recht angstfrei in den Bergen sein, aber auf hoher See sieht das schon ganz anders aus. Ich war heilfroh, als es schließlich weiterging.

Gegen 23 Uhr kamen wir in Whakatahuri an. Natalie, Polly (der Hund) und die Katze kamen uns am Bootssteg entgegen. Natalie zeigte mir mein Schlafgemach: eine eigene kleine Holzhütte. Ich konnte zwar aufgrund der Dunkelheit nicht viel sehen, fühlte mich aber trotzdem gleich pudelwohl.


Das Leben in Whakatahuri

Ich wachte auf mit Vogelgezwitscher. Als ich aus dem Fenster schaute, sah ich Schafe, Ziegen und Hühner vor dem Haus herumspazieren. Ich konnte nun endlich sehen, wo ich mich hier befand. Als ich das Haupthaus betrat, staunte ich nicht schlecht, als ich dort eine Ziege antraf. Sie darf ihr Frühstück im Haus einnehmen, damit es ihr die Schafe nicht wegfressen. Zwischendurch rumpelte es immer wieder an der Haustür. Es war ein Schaf, das auch ins Haus wollte. Was für eine Comedy!


Pelorus Sound. Links unten sieht man Whakatahuri

"Lilly" darf zum Frühstücken ins Haus :)


Natalie führte mich ein wenig herum. Besonders beeindruckend fand ich das riesige Schiffswrack am Ufer vor ihrem Haus. Es handelte sich um die "Tiroa", die 1916 in Auckland gebaut wurde. In der Bucht liegen noch zwei weitere uralte Schiffswracks im Wasser, die jedoch schon beinahe völlig zersetzt bzw. von Sand bedeckt sind. Auf ihrem Grundstück lassen sich außerdem jede Menge antiker Gegenstände, vor allem Teile von alten Schiffen, entdecken.


Whakatahuri mit dem Wrack der "Tiroa" am Ufer

Ein alter Zeitungsartikel - hier war die "Tiroa" noch ganz


Neben mir war noch ein polnischer Mann namens Stan als Workawayer da. Stan half Gavin mit Renovierungsarbeiten. Meine Arbeiten wurden mir von Natalie zugeteilt und bestanden größtenteils aus Gartenarbeit, Rasenmähen, Hecken schneiden, Brennholz richten, usw. Abgemacht sind 4 Stunden Arbeit am Tag, aber es geht sehr gemütlich mit ausreichend Pausen zu. Belohnt werden wir mit super leckerem Essen von Natalie: Es gibt Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten, Eier von den Hühnern, die ums Haus herumlaufen, dazu selbst gefangenen Fisch, Meeresfrüchte und selbsterlegtes Fleisch wie z.B. Wildschwein oder Reh. Von Zeit zu Zeit wird auch mal ein eigenes Schaf geschlachtet. Sie leben also größtenteils als Selbstversorger. Strom kommt aus Solarenergie und das Wasser von einem kleinen Bach hinter dem Haus. Das Leitungswasser kommt zwar manchmal etwas trüb aus der Leitung, aber Gavin erklärte mir, dass das gar nichts machen würde, man könne es problemlos trinken.


Die Schafe fressen mir das Unkraut weg ;)


Gleich am ersten Tag fuhr Natalie mit mir und Stan mit dem Motorboot zum Muscheln sammeln. Unsere reiche Ausbeute waren Miesmuscheln und Grünlippmuscheln (auch Grünschalmuschel genannt). Zum Aufarbeiten musste ich zuerst das Seegras entfernen. Daraufhin wurden sie in einem großen Kochtopf dampfgegart, bis sich die Schalen öffneten. Dann konnte ich die leckeren Stücke herausholen und bereits probieren. Normalerweise bin ich nicht so der Muschel-Fan, aber diese hier schmeckten vorzüglich. Natalie zauberte ein leckeres Abendessen aus einem Teil der Muscheln, der Rest kam in die Gefriertruhe. 


Grünlippmuscheln

Unsere Ausbeute


Für meine Freizeitgestaltung habe ich allerhand Möglichkeiten: Natalie und Gavin besitzen Kajaks, Kanus, ein Standup-Paddle-Board (SUP), Dingis (= kleine Holzboote), usw. Ich darf davon Gebrauch machen, wie ich nur will. Zudem gibt es ganz tolle Wandermöglichkeiten. Als ich meine erste Wanderung machte, rief mir Natalie noch nach, ich solle mir doch ein selbstgebautes Bier von ihr mitnehmen und es mit der wunderschönen Aussicht da oben genießen.


Blick hinunter auf Whakatahuri


Bei meinen Ausflügen mit dem Kajak oder dem SUP entdeckte ich massenweise Stachelrochen - es wimmelt hier nur so von ihnen. Gut, dass mich meine Gastgeber darauf aufmerksam gemacht haben, dass die Tiere nicht ganz ungefährlich sind, und mich auf ein paar Vorsichtsmaßnahmen hinwiesen. Ich stieß zudem noch auf Teppichhaie. Diese sind aber scheinbar absolut friedlich. 


Stachelrochen



Ich genieße das simple Leben und die beeindruckende Natur hier in vollen Zügen. Am Abend lausche ich gerne den Geschichten von Natalie und Gavin über die interessante Vergangenheit von diesem Ort und das Leben in der Abgeschiedenheit. Nun bleibt mir noch genau eine Woche in Whakatahuri bevor ich wieder in die große Stadt Auckland muss. 


Eure Michi :)



=> Hier findest du noch mehr Fotos und Videos von Whakatahuri und dem Pelorus Sound <=







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