Lodwar, Kenia
Die Fahrt von Kitale nach Lodwar
Bereits um kurz nach 7 Uhr morgens stand ich heute am Busbahnhof in Kitale. Hier herrschte bereits reges Treiben. Ziemlich aufdringlich wird man sofort von einer Gruppe Männer umringt, die einen alle dazu überreden wollen, in ihr Matatu zu steigen - ganz egal wo man hin will *lach*. Hier heißt es Ruhe bewahren und sich nicht verunsichern lassen. Zum Glück fand ich sogleich die Turkrift-Matatus. Dieses Shuttleunternehmen hat man mir nämlich empfohlen, um nach Lodwar zu kommen. Unglücklicherweise war gerade eines am Abfahren, welches aber schon voll war. Das nächste sollte in einer Stunde starten. Na gut, dann musste ich eben warten. Wie ihr euch sicher vorstellen könnt, blieb es nicht bei der Stunde. Im Endeffekt wartete ich über zwei Stunden. Das Matatu an sich war dafür ganz komfortabel. Jeder der 11 Fahrgäste hatte seinen zugewiesenen Sitzplatz, somit wurde es auch nicht überladen. Der Preis für die etwa 7 bis 8-stündige Fahrt beträgt 1.500 Ksh (= 11,70€). Zum Glück hatte ich einen Platz am Fenster, denn es wurde unwahrscheinlich heiß auf der Fahrt. Aus irgendeinem Grund bevorzugen die Einheimischen es, die Fenster geschlossen zu halten. Wahrscheinlich wegen des grausamen Sandstaubes, der jedes Mal bei Gegenverkehr zum Fenster reinkommt. Aber das ist mir ehrlich gesagt lieber als die unglaublich stickige, heiße Luft im Fahrzeug.
Um etwa viertel nach neun starteten wir endlich. Nicht viele Touristen verirren sich so weit in den Norden von Kenia. Man warnt auch davor, dass die Fahrt gefährlich sein sollte, da es zwischen den Stämmen im Norden immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen aufgrund von Viehdiebstählen komme. Zudem ist die Gefahr von Raubüberfällen und Autopannen groß. Ich habe bereits gehört, dass die Fahrer der Matatus aufgrund dessen oft bewaffnet sind. Bei unserem Fahrer habe ich aber nichts dergleichen gesehen.
Ich liebe es wie schön voll die Matatus hier beladen werden *lach* |
Zuerst ging es durch eine saftig grüne Hügellandschaft. Mit der Zeit wurde die Gegend immer karger und trockener. Irgendwann war es dann eine richtige Wüste. Wir kamen vorbei an Dörfern, die aus Stroh- und Lehmhütten bestehen. Auch die Menschen hier unterscheiden sich stark von den Kenianern, die ich bisher gesehen hatte. Im Land der Turkana kleiden sich die Menschen noch sehr traditionell in bunte Tücher. Die Männer haben einen Holzstock dabei zum Hüten ihrer Viehherden und die Frauen tragen einen großen Perlenkragen um den Hals. Die Farben der Perlen verraten, welchem Clan sie angehören. Kinder bettelten am Straßenrand um Wasser. Sämtliche Flüsse scheinen ausgetrocknet zu sein. Wenn irgendwo eine Wasserstelle/Brunnen war, standen immer viele Kinder mit gelben Kanistern drum herum, um Wasser zu pumpen und die weiten Wegstrecken nach Hause zu tragen. Zudem werden die Viehherden hier getränkt. Immer wieder standen Kamele auf der Straße. Ein völlig anderes Leben hier! Ich finde es sowieso erstaunlich wie Menschen in einer so lebendsunfreundlichen Gegend überhaupt überleben können. Etwas zeitraubend waren die ständigen Straßensperren der Polizei. Immer wieder wurde das Fahrzeug und seine Ladung von Polizisten, die mit riesigen Gewehren ausgerüstet waren, begutachtet. Zudem musste ich mehrmals meinen Reisepass herzeigen. Während der ganzen Fahrt gab es nur einmal eine 20-minütige Pause. Das war eine ziemlich Herausforderung für meine schwache Blase.
Lodwar
Nach knappen acht Stunden waren wir in Lodwar, der Hauptstadt der Turkana Provinz, angekommen. Das Land der Turkana ist eines der abgelegensten Gebiete in Kenia. Hier leben die gleichnamigen Turkana, ein Volk das hauptsächlich westlich des Turkana-Sees beheimatet ist. Sie leben großteils noch sehr traditionell von der Viehzucht: Kamele, Rinder, Schafe und Ziegen, welche ihnen Milch, Blut und Fleisch als Nahrung liefern. Trockenzeiten mit Normal-Temperaturen um die 40 Grad und kaum Regen, und dann Regenzeiten, in denen regelrechte Sturzfluten alles wegschwemmen, prägen das Klima. Ein sehr harter Alltag also.
Turkana Frau |
So sieht die typische Kleidung der Turkana Männer aus: Ein Holzstock und ein weiterer Gegenstand aus Holz der zum Sitzen und als Kopfstütze dient |
Couchsurfen bei ukrainischen Missionaren
Schweißgebadet von der Hitze stieg ich in Lodwar aus dem Matatu aus. Der Wüstenwind fühlte sich an, als würde mir jemand mit dem Föhn auf höchster Stufe ins Gesicht blasen. Auf den Straßen sieht man sehr wenige Autos, dafür aber umso mehr Mopeds. Unterkommen sollte ich bei einer ukrainischen Missionarsfamilie, die ich über Couchsurfing gefunden habe. Die Familie besteht aus Volodymir, Viktoria und ihren drei Kindern (1, 5 und 7 Jahre alt). Zudem wohnen elf einheimische Waisenkinder bzw. -teenager mit ihnen im Haus. Volodymir und Viktoria sind erst 27 Jahr alt und leben in Kenia seit sie 19 Jahre alt sind. Wirklich beeindruckend! Im Moment ist Volodymir aber nicht zu Hause. Viktoria empfing mich freundlich mit leckerem Essen. Sie spricht mit den Waisenkids fließend die Sprache der Turkana, ebenso ihre Kinder. Englisch klappt dafür nur stockend. Ein reges Treiben hier im Haus.
Am Abend spazierte ich mit einem der Waisenmädchen noch hinunter zum Turkwel Fluss, welcher ein wenig Wasser führt. Es ist zwar ziemlich schmutzig, trotzdem konnten wir es nicht lassen unsere Füße ein wenig hineinbaummeln zu lassen. Schwimmen würde ich darin keinesfalls.
Abends am Turkwel Fluss |
Sonnenuntergang am Turkwel |
Ich werde nur diese eine Nacht in Lodwar verbringen. Viktoria hat mir erlaubt, einige meiner Dinge, die ich in den nächsten Tagen nicht brauchen werde, bei ihnen zu lagern. Für mich sollte es morgen nämlich weiter gehen in eines der größten Flüchtlingslager der Welt: nach Kakuma, an der Grenze zum Südsudan. Ich bin schon sehr, sehr gespannt wie das dort wird. Im Moment bin ich ziemlich fertig - mein Körper ist diese Hitze nicht gewohnt. Tagsüber sind es um die 40 Grad und selbst nachts sind es noch knapp 30 Grad. Ich bin unheimlich froh über den Ventilator im Zimmer. Mein Kopf brummt. Soviel Wasser wie ich heute geschwitzt habe, kann ich gar nicht trinken.
Also dann, Gute Nacht!
Eure Michi :)
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